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Rudi Schmidt in seiner alten Wirkungsstätte, dem Airport. Noch heute berät er den jetzigen Inhaber und ist begeistert, dass Sven Väth vor der Residenz auflegen durfte. Foto: Fabian Gebert
Rudi Schmidt in seiner alten Wirkungsstätte, dem Airport. Noch heute berät er den jetzigen Inhaber und ist begeistert, dass Sven Väth vor der Residenz auflegen durfte. Foto: Fabian Gebert

Airport-Legende Rudi Schmidt über Powerdays, Erdbeerlimes und sein heute gemütliches Leben

Als Paul van Dyk in der Würzburger Posthalle auftritt, steht Rudolf ‚Rudi‘ Schmidt an der Bühne. Eine Woche zuvor ist er schon nahe dran gewesen, als ‚Baba‘ Sven Väth vor der Residenz zehntausend Menschen musikalisch in die Nacht entführt. Er ist noch immer mittendrin, als lebende Legende und ehemaliger Inhaber des Airports. Kein anderer prägte die überregional bekannte Diskothek in der Gattingerstraße in dem Maße, wie es Rudi Schmidt tat.

Anfänge im „Pferdestall“

Wer die Karriere von Rudi Schmidt verstehen möchte, der muss zurück in die Jugend des Gastronomen. Seinen Vater verlor er, als er erst 19 Jahre alt war. Zurück blieben er und seine Mutter sowie eine der ersten Diskotheken der Stadt, der „Pferdestall“. Schmidt übernahm den Club und verwandelte ihn zum „Pipers“. „Ich habe mich schon sehr früh für Musik interessiert, zu der Zeit, als es die ersten DJs gab, die mit Mikrofon noch jede Platte angesagt haben. Das habe ich auch probiert, ich bin allerdings kein Moderator. Heute kann ich aber sagen, dass Musik immer noch mein Leben ist.“ So früh, wie er seinen Vater verlor, so früh lernte der Vollblut-Diskothekenbetreiber seine Frau Anni kennen. Sie zog damals nach München, Schmidt lernte dadurch mit Anfang 20 „alle angesagten Discos in München“ kennen. Als seine Anni beschloss, wieder nach Würzburg zu kommen, eröffneten beide gemeinsam das „Tiffany“. Schon Mitte der 70er-Jahre wollte Rudi Schmidt „seinen eigenen Style spielen, die Raritäten, die man nicht in jedem Club hört“, zu Zeiten, als sich die Schlangen vor einem Club bereits ab 8 Uhr abends bildeten und die Nacht um spätestens zwei Uhr endete.

Seine Liebe zum DJing begleitete Rudi Schmidt sein ganzes Leben. 20 Jahre später im Airport, als er dort bereits die Geschäftsführung übernommen hatte, war er ebenfalls gerne am Pult. „Mir war die persönliche Beziehung zu Gästen immer wichtig, das ist das A und O“, sagt Schmidt. 1995 übernahm er schließlich die Diskothek von Michael Bauer. Es sollte der Startschuss für die Ära Schmidt werden, die eng an bekannte Namen wie Carl Cox, Talla 2XLC oder auch Sven Väth geknüpft ist.

Zunächst hatte er das „Terminal 1“ im Airport unter seinen Fittichen, später kamen der Soundpark und die Rockfabrik dazu. „Das war in der Kombination keine Halle wie die Posthalle beispielsweise, wo tausende Menschen auf eine Fläche passen. Wir hatten die Soundbar, den Red Room oder die Jungle Bar, das Airport war also nie eine klassische Großraumdiskothek“, sagt Schmidt. Für ihn wäre nie in Frage gekommen, „etwas in Würzburg zu kopieren.“ So brachte er Konzepte aus anderen Städten, beispielsweise aus München, in die vergleichsweise kleine Stadt und verankerte Partys, die noch heute Massen in die Gattingerstraße locken.

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Nächte, die Rudi Schmidt immer genoss: Sven Väth, hier noch mit Undercut und roten Haaren, 1993 im Airport. Foto: Rudolf Schmidt

Doppeldecker und Powerday

Zwei dieser Konzepte sollten das Feiern in den 2000ern verändern. Damals gab es offenbar andere Arbeitstage, denn der erfolgreichste Tag der Airport-Feierwoche wurde der Mittwoch. „Das lag natürlich schon auch an den Studenten“, sagt Schmidt. Für sie führte er mit dem Doppeldecker ein Getränkespezial ein, das nicht nur die Studierenden, sondern auch die arbeitende Bevölkerung ins „Air“ brachte. Der Mittwoch war derart erfolgreich, dass es noch einen ähnlichen Tag brauchte, um alle Feierenden zufrieden zu stellen. Gesagt, getan: Der Powerday am Samstag wurde geboren. „Das muss man sich heute mal vorstellen, der Mittwoch war so berühmt, dass man tatsächlich als Werbung für den Samstag ‚Feiern wie am Mittwoch‘ verwendet hat“, erinnert sich der Clubbetreiber. Heute müsse man sich hingegen die Frage stellen, welcher Laden überhaupt noch am Mittwoch aufmache.

Erdbeerlimes – ein Kultgetränk im Airport

Für die frühere Kultbarkeeperin aus dem Airport, Nadine Hofmann war Milch 43 eines dieser beliebten Kultgetränke im Airport. Hunderte Drinks wurden vorgeschenkt, um dem Ansturm auf die Milch mit Likör 43 gerecht zu werden. Für Rudi Schmidt war es hingegen Erdbeerlimes. „Wenn einer der bekannten Frankfurter DJs bei uns aufgelegt hat, dann gab es zur Begrüßung immer ein Tablett Erdbeerlimes. Das war der Renner bei uns, den haben wir selbst gemixt. Ich erinnere mich, dass die Leute gesagt haben, dass das der Beste gewesen sei.“ 20 bis 30 Flaschen des roten Erdbeer-Wodka-Getränks gingen an den Abenden über die Theke.

Techno, aber auch eine Menge anderes wie beispielsweise Schlager

Bekannt wurde das Airport in der Ära Schmidt vor allem für House- und Technosound. Diese Partys waren und sind auch heute noch ein wichtiges Zugpferd im Terminal 1 (T1), während zeitgleich viele andere Musikszenen im Rockpalast oder dem Soundpark zu ihren Lieblingstracks feierten. „Wir haben immer eine Menge Hip-Hop gespielt. Curtis Blow und Grandmaster Flash waren zwei der Legenden, die bei uns aufgelegt haben“, freut sich Schmidt. Kultstatus genießt heute auch die weiße Schlagerweihnacht mit den Plattenauflegern. Die Idee, Schlager im Airport zu spielen, entstand nach einem Konzert von Dieter Thomas Kuhn in Würzburg. „Lele und Junior, die später als die Plattenaufleger in die Würzburger Schlager-Geschichte eingehen sollten, kamen auf mich zu. Sie hätten zwar noch nie aufgelegt, aber würden das besser machen als die DJs, die damals gespielt haben. Wir haben das dann ausprobiert.“ Der Test wurde unter der Woche zum Erfolg, durch die „weiße Schlagerweihnacht“ erreichte er seinen Höhepunkt – bis heute.

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„Man muss sich natürlich die Frage stellen, was man als Club machen kann, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren“, weiß Schmidt, der auch heute noch im Airport mit Rat und Tat zur Seite steht. Der ironische Ansatz der Schlagerweihnacht, bei der Techno-, Rock und Hip-Hop-Fans zusammen „Stille Nacht, heilige Nacht“ schmetterten, war einer dieser Volltreffer, die Rudi Schmidt unter anderem 2005 den „Diskotheken-Oscar“ einbrachten. „In solchen Momenten, wenn so viele Leute zusammen singen, wird einem schon warm ums Herz“, sagt Schmidt.

„Die Kraft, immer weiterzumachen“

Rückblickend betont der langjährige Airport-Betreiber, dass man auch in schwierigen Zeiten die Kraft aufbringen müsse, immer weiterzumachen. Sonst würde der Club heute in der Form nicht mehr bestehen, denn auch goldene Phasen wie die in den 2000ern waren endlich. Ein wichtiger Mensch für dieses Weitermachen war und ist seine Anni, die immer an seiner Seite stand und mit der er gerade erst goldene Hochzeit feierte. Darüber hinaus wäre es auch ohne sein Team von damals nie möglich gewesen, den Club in der Form bekannt zu machen.

2023: Der Rudi vom Golfplatz

Heute sieht man Rudi Schmidt seltener im Airport oder anderen Diskotheken. „Ich führe mittlerweile ein sehr gemütliches Leben mit meiner Frau.“ Hin und wieder würde er Golfen gehen, den Sport habe er für sich entdeckt. „Nachdem ich mich aus dem Nachtgeschäft zurückgezogen habe, ist mein Leben insgesamt ein bisschen gesünder und ich gehe früher ins Bett.“ Zuhause höre er seine Platten, von den Dire Straits bis hin zu Sven Väth.

Über dessen Auftritt vor der Residenz freut sich der ehemalige Airport-Inhaber besonders: „So etwas war vor 35 Jahren vollkommen unvorstellbar, da gab es ein Misstrauen von Seiten der Stadt und Polizei gegenüber dem, was die jungen Leute der Szene da so treiben.“ Heute ist zwar dahingehend alles anders, sein Airport blieb aber all die Jahre, mittlerweile sind es stolze 40, bestehen. Und das ist auch gut so.

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