Sicher wird jeder Junge oder vielleicht auch Mädchen schon einmal als Kind davon geträumt haben, ein Ritter zu sein – nicht umsonst ist das Kostüm besonders an Fasching sehr beliebt. Dieser Kindheitstraum kann tatsächlich in Erfüllung gehen, denn für Würzburger und Würzburgerinnen gibt es im Verein „Bayard Germany“ die Möglichkeit selbst Schwertkämpfer und Schwertkämpferin zu werden. Was es mit diesem Sport auf sich hat, wie gefährlich das Ganze ist und viele weitere interessante Fakten haben uns die Mitglieder in einem Interview verraten.
Heimat und Wahlheimat Würzburg
Würzburg erleben (WE): Erzählt doch mal etwas über Euch: Wer seid Ihr? Was macht Ihr? Was verbindet Euch mit Würzburg?
Alexander (von Bayard Germany): Wir sind Bayard Germany, ein historischer gerüsteter Vollkontakt Schwertkampf Verein. Eine besondere Art des Kampfsports, mit viel Liebe für das Mittelalter. Wir kämpfen national und international auf Wettkämpfen. Durften letzte Woche in Tschechien beim World Cup auch unsere Nation vertreten. Und sogar in der Disziplin Langschwert mit Gold nachhause fahren. Wir treten auch öfters auf Mittelaltermärkten auf, um unseren Sport vorzustellen. In unserem Kinderprogramm dürfen sich dann auch die kleinsten beweisen und in der Arena gegen einen echten Ritter kämpfen, das freut uns besonders.
Unser Hauptsitz ist in Nürnberg, aber unsere Kämpfer kommen aus dem kompletten fränkischen Raum. Nach Nürnberg kommen die meisten von uns aus Würzburg. Da wir ein Verein für Alt und Jung, Männlein, Weiblein oder was Du auch immer sein magst sind, freut es mich, dass unser ältester Veteran im Verein aus Würzburg kommt – unser aus Texas stämmiger William, mittlerweile über 30 Jahre in seiner Wahlheimat Würzburg. Meine Frau Rebecca und ich sind auch besonders mit Würzburg verbunden, sie ist geboren und aufgewachsen in Lengfeld und ich bin aus der Zellerau. Wir haben uns hier kennenlernen dürfen und sind seit letztem Jahr auch verheiratet. Natürlich sind wir durch Familie und Arbeit in Würzburg tief verwurzelt.
Ehrenamtlich engagiert
Rebecca ist seit langer Zeit ehrenamtlich in der Kirche tätig und trägt jedes Jahr zur Organisation der Würzburg Wallfahrt zum Kreuzberg bei. Mir liegen besonders die eher sozial Schwachen am Herzen, ich helfe gern bei der Organisation der Kindertafel mit. Dort schmieren wir Pausenbrote und verteilen diese in Schulen. Ob Festungsflimmern, Hafensommer, Residenzlauf, Weinfeste und natürlich Kiliani – wir sind immer mit dabei.
Vor drei Jahren durften wir auf der Festung beim Museumsfest mit unserem Verein kämpfen. Das war mir eine wirklich sehr große Ehre. Nicht nur in Würzburg, sondern sogar in der Zellerau kämpfen zu dürfen. So konnten die Würzburger mal ihren Ritter persönlich kennenlernen.
Vorstellung bei Stefan Raab
WE: Wie kamt Ihr zu diesem Hobby? Und wie lange gibt es Euren Verein schon?
Alexander: Wir sind ganz unterschiedlich dazu gestoßen, viele betreiben den Sport schon seit fast einem Jahrzehnt. Liebe zum Mittelalter und Kampfsport verbindet uns. Unser Hausturnier beim Burggraben Fest in Nürnberg war für viele die erste Berührung mit dem Sport. Durch Videos mit YouTubern konnten wir weitere Begeisterte finden. Ich persönlich bin durch die Vorstellung unseres Sports bei Stefan Raab aufmerksam geworden. Da waren viele unserer Mitglieder zu Besuch. Unseren Verein gibt es nun seit fünf Jahren, seit letztem Jahr auch offiziell als n.e.V.
WE: Habt Ihr das irgendwo gelernt oder Euch alles selber beigebracht?
Alexander: Viel bringt man sich selber bei, im osteuropäischen Raum ist der Sport populärer, da durften wir durch gute Freundschaften mit anderen Teams/Kämpfern viel lernen. Und da unser Team-Captain Weltmeister im Langschwert ist und Vize-Weltmeister im „Pro Fight“ (MMA-ähnlicher Kampf) kann man sich da natürlich was abschauen.
Wettkämpfe auf Weltmeisterschaften
WE: Gibt es Events, bei denen sich beispielsweise alle Schwertkämpfer aus Deutschland oder aus der ganzen Welt treffen?
Alexander: Ja, es gibt eine internationale Liga, dort sind Vereine aus der ganzen Welt vertreten. Man sammelt über ein Jahr Punkte auf nationalen und internationalen Turnieren. Die 12 besten der Welt tragen dann den absoluten Sieger in einem Spezial Turnier in Monaco jedes Jahr aus. Das bezieht sich auf die Gruppenkämpfe, genannt Buhurt. Ob 5 vs. 5, 12 vs. 12, 30 vs. 30 – bei der Weltmeisterschaft treffen dann die Länder aufeinander. Das ist natürlich sehr besonders für alle.
Eine Woche müssen sich Kämpfer aus der ganzen Welt in verschiedenen Disziplinen gegeneinander messen. Dieses Jahr waren es über 600 Kämpfer. Im 12 vs. 12 oder 30 vs. 30 verbündet man sich gern mit anderen Ländern. Deutschland dieses Jahr mit unseren Freunden aus Norwegen. So lernt man sich sehr gut kennen, vor allem beim ein oder anderen Bier nach den Kämpfen. Die „Pro Fight“ Kategorie ist sehr ähnlich zu MMA. Dort gibt es eine Weltrangliste, ähnlich wie beim Boxen oder Tennis. Die sonstigen Einzelkategorien werden turnierweise ausgefochten.
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WE: Habt Ihr spezielle Ausrüstungen? Woher bekommt Ihr diese?
Alexander: Unsere Ausrüstung ist eine leicht sportoptimierte historische Rüstung. Sie muss authentisch und historisch belegbar sein mit Nachweis, dass man damit kämpfen darf. Wir haben viele Hobbyschmiede unter uns, die können einiges selbst herstellen und reparieren. Aber die ganzen Rüstungen kann man sich anfertigen lassen bei verschiedenen Händlern aus ganz Europa. Die Rüstung wiegt im Schnitt 30 kg und fängt bei 2.000 Euro an. Zu Beginn wird aber soft trainiert, d.h. mit leichten Waffen und leichter Polsterung. Auch hierfür gibt es extra Turniere. Und unsere Jugend darf bis 18 Jahre nur „soft“ kämpfen. Erst ab 18 Jahren ist Stahl erlaubt in Deutschland.
WE: Kämpft Ihr auch mit echten Waffen?
Alexander: Ja, die Waffen sind echt, sind aber natürlich stumpf, und haben genaue Auflagen, damit man auch damit kämpfen darf. Gewicht, Länge, Rundungen und vieles mehr. Damit hält man das Verletzungsrisiko geringer und beugt vor allem schwerwiegenden Verletzungen vor. Mit einer zwei Meter großen Stahlaxt, die auf einen einprügelt, kann und ist schon öfter leider etwas passiert. Da ist immer große Vorsicht geboten!
WE: Wird das als Kampfsport angesehen?
Alexander: Leider wird es in Deutschland nicht offiziell als Kampfsport angesehen.
Ist der Sport gefährlich?
WE: Ist das gefährlich, was Ihr macht? Kann man sich hierbei verletzen?
Alexander: Ja, wie bereits gesagt, es kann durchaus etwas passieren. Schlimm wird es, wenn die Rüstung im Kampf verrutscht und man auf eine umgerüstete Stelle Schläge mit der Stahlwaffe abbekommt. Sehr, sehr schmerzhaft. Die blauen Flecken kann man nach einem Turnier nicht zählen.
WE: Muskelkatergefahr? Ist Euer Hobby körperlich anspruchsvoll?
Alexander: Ja, es ist sehr anspruchsvoll, was die Fitness betrifft. Es kommt aber sehr auf die Disziplin an, die man sich aussucht. Mit 30 kg extra kämpfen bei heißem Wetter fordert seinen Tribut. Muskelkater garantiert, vor allem der Nacken leidet durch den Helm, der gern mal 7 kg schwer ist.

Dier Rüstung kann um die 30 kg wiegen. Foto: Bayard Germany
WE: Kann man bei Euch ein Probetraining machen?
Alexander: Ja natürlich kann man bei uns gern zum Probetraining vorbeikommen. Bei uns ist jeder willkommen, der einen respektvollen und höflichen Umgang pflegt. Ob jung oder alt, ab 16 Jahren trainiert man mit den Großen. Bis 16 Jahre gibt es eine Kinder- und Jugendgruppe.
Typischer Trainingsalltag
WE: Wie sieht ein Training bei Euch aus? Und wie oft trainiert Ihr?
Alexander: Wir trainieren Mittwoch und Freitag Technik in unserer Halle, sowie online zum Mitmachen. Donnerstag gibt es einen Fitness-Drill und am Sonntag ist das große Training (2-3 Stunden) in Nürnberg, wo wir Technik, Fitness, Ringen, Boxen, Sparring und taktische Manöver trainieren. Viele Kämpfer trainieren selbstständig, noch dazu unter der Woche. Wir bekommen Trainingspläne für Muskelaufbau und Muskelausdauer-Training, Trainingspläne für die Ausdauer und natürlich auch Ernährungspläne, das ist sehr wichtig.
Natürlich alles nach den persönlichen Zielen, ob jetzt einfach nur Fitness und Gesundheit für dich wichtig ist oder Selbstverteidigung. Oder ob du auf kleinen Veranstaltungen und Wettkämpfen mitmachen möchtest, oder gar den Sprung in die Weltspitze wagen möchtest. Wir freuen uns auf jeden.
WE: Habt Ihr auch Frauen im Verein oder ist das ein reiner Männersport?
Alexander: Ja, wir haben natürlich auch Frauen im Verein. Ob als tatkräftige Helferinnen für Orga und zum Anlegen der Rüstung oder als mediale Unterstützung für unsere Facebook- und Instagram-Kanäle. Und auch bei sozialen Projekten unterstützen uns unsere Frauen tatkräftig.
Natürlich kämpfen die Frauen auch bei uns mit, alle Disziplinen in unserem Sport gibt es auch für Damen. Es sind auch gemeinschaftliche Teams möglich. Freuen uns sehr, wenn wir Kämpferinnen begrüßen dürfen.
Pläne und Ziele
WE: Was sind Eure Pläne und Ziele für die Zukunft?
Alexander: Wir wollen natürlich als Team gemeinsam größer werden. Wir durften letzte Woche unser 20. Mitglied begrüßen. Wir wollen das beste deutsche Team sein, Deutscher Meister werden – ob im Gruppenkampf oder in den Einzelkategorien, sowohl bei den Männern als auch Frauen.
Außerdem freuen wir uns auf viele weitere Projekte, ob Videodreh, Teamevents, bei sozialen Projekten mitwirken, Vorbild sein für kleine Ritter und Mädels zeigen, dass Prinzessin sein langweilig ist. Auf jeden Fall möchten wir gemeinsam eine geile Zeit mit schönen Erinnerungen haben.