Ein Kommentar von Philipp Heilgenthal
„Der Mainbäck ist Geschichte, die Zukunft liegt im Fritzi’s“. Diese Nachricht versetzte mir schlagartig einen Stich ins Herz. Denn, wie die zukünftige Chefin des Fritzi’s sagt, wird die Fußballkneipe einem Café weichen. In wenigen Tagen soll es schon so weit sein. Mitten im Saisonfinale! Zahlreiche Fußball- wie Kneipenfans in Würzburg werden sich genauso wie ich die quälende Frage stellen, die der ausführliche Bericht der Main-Post zur Umgestaltung des Lokals nicht komplett beantworten konnte: Warum?
Warum alles über den Haufen werfen?
Warum sollte man ein sehr gut laufendes Konzept, das von der (Stamm-)Kundschaft geschätzt und geliebt wird, einfach komplett über den Haufen werfen? Warum braucht es in Würzburg ein weiteres Café und noch eine Fußballkneipe weniger? Warum soll es diese urgemütliche Kneipe mit diesem prächtigen Namen plötzlich nicht mehr geben? Warum nur?
Auf Fußballkneipen mit Pay-TV angewiesen
Um meine tiefe Betroffenheit zu rechtfertigen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass der Mainbäck für mich nicht nur irgendeine Kneipe zum Fußballschauen ist. Es ist DIE Fußballkneipe. Eigentlich kann man ja wirklich nicht meckern über die Qualität und Quantität an Bars und Kneipen in Würzburg. Doch die Auswahl derer, die regelmäßig Fußballspiele im Pay-TV übertragen, ist äußerst gering. Und auf eben solche ist man als Fußballfan, wie ich einer bin, angewiesen, wenn man die Abzocke von Sky, Dazn und Co. nicht mitmachen will und eine spannende Partie lieber mit Gleichgesinnten bei guter Atmosphäre, anstatt allein daheim auf dem Sofa schauen möchte.

Egal ob in der gemütlichen Stube oder im Wintergarten mit Festungsblick: Im Mainbäck hatte man auf jedem Platz einen perfekten Blick auf’s Spielgeschehen. Foto: Thomas Obermeier.
Was es an den anderen Fußballkneipen alles auszusetzen gibt
Bei den anderen Fußballkneipen gibt es meiner Meinung nach immer etwas auszusetzen: In der einen gibt es zu wenig oder schlecht positionierte Bildschirme. In der anderen nervt das Ambiente eines US-amerikanischen pseudomodernen Burgerrestaurants. In der nächsten gibt es wiederum zu wenig Leute, die sich für die Partie interessieren und mit ihrem Getratsche vom Spielgeschehen ablenken. Oder nervtötende Alkoholiker geben ununterbrochen ungefragt ihren unqualifizierten Senf dazu. Oder es läuft einfach gar kein Ton. Oder man bekommt ohne Reservierung keinen Platz. Oder das ausgeschenkte Bier schmeckt scheußlich. Oder es handelt sich um eine zwielichtige Spelunke mit einem Wirt, auf dessen Stirn die Begrüßung „Was willst du denn hier?“ förmlich ins Gesicht geschrieben steht. Oder mehrere dieser Störfaktoren treffen aufeinander.
Fußballschauen im Mainbäck ist einfach perfekt
Im Mainbäck habe ich noch nichts dergleichen erlebt – außer natürlich, dass ich während der WM keinen freien Platz bekommen habe. Ach, wie glücklich konnten sich diejenigen schätzen, die einen Platz ergatterten. Denn Fußballschauen im Mainbäck ist einfach perfekt. Egal, wo du sitzt: Du hast immer einen perfekten Blick auf irgendeinen Bildschirm. Dazu frisches Fassbier in verschiedenen Sorten, gute, fettige Pommes oder Pizza: herrlich! So lässt sich ein gemütlicher Fußballabend unter Freunden aushalten. Oder auch einmal allein. Man findet im Laufe des Spiels einfach neue Fußballfreunde. Alles kein Problem im Mainbäck.
Perfekte Balance beim Service
Und dann dieser Service! Selten habe ich in einer Gastronomie solch eine perfekte Balance zwischen Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Diskrepanz erlebt. Das Bier ist fast leer? Das ist dem Wirt nicht entgangen und er fragt gleich, ob er denn ein Neues bringen soll. Schwupp. Und mit dem letzten Schluck steht auch schon die neue frische Halbe auf dem Tisch. Es läuft Konferenz, aber du würdest gerne mit deinem kleinen Fanclub nur das Spiel eures Vereins schauen? „Kein Problem, wir schalten den Bildschirm bei euch sofort um“, kommt prompt die Antwort der Bedienung.
Allein der Name „Mainbäck“ verspricht schon vieles
Allein schon der Name: Mainbäck. Wie kann man diesen Namen, der in Würzburg Sehnsucht, Tradition, Heimatliebe, Gemütlichkeit und Bodenständigkeit in Hülle und Fülle verspricht, einfach so von sich abschütteln wie eine reife Pflaume? „Bäck“ steht schließlich für die alten, urgemütlichen Weinstuben, die in grauer Vorzeit traditionelle Bäckereien nebenbei betrieben und aus denen sich zum Teil die besten und schönsten Weinstuben Würzburgs entwickelten. Beim Mainbäck handelt es sich schließlich noch um solch eine urgemütliche Kneipe, die sich in der Ahnenreihe dieser historischen Institutionen anstellt, und die noch dazu direkt am Main gelegen ist. Mit Winter- und Biergarten genau gegenüber der Festung! Warum bedarf es bei solch einem herrlichen Lokal irgendeiner Veränderung?
Ein Hoffnungsschimmer bleibt
Egal wie gut oder schlecht das neue Café Fritzi’s mit seinen „Dschungel Vibes“ werden sollte: Der Veränderungsdrang der Juniorchefin entzieht mir jegliches Verständnis. Und das Schlimmste: Wo soll ich das Pokalfinale am 3. Juni schauen, ausgerechnet jetzt, wo mein Lieblingsverein nach Berlin fährt, wenn am 14.05. doch bereits die Totenglocke des guten alten Mainbäcks geläutet wird? Bleibt nur noch ein kleiner Hoffnungsschimmer für alle Fans der, meiner Meinung nach, besten Fußballkneipe Würzburgs. Nämlich, dass es im nächsten Jahr während der Fußball-EM in Deutschland ein einmonatiges Mainbäck-Revival geben wird – und ich mir beim Eröffnungsspiel dann rechtzeitig einen Platz ergattere.