Fronleichnam soll in Würzburg einem weinseligen Feiertag weichen
Ein Parteienbündnis aus SPD, Grüne, Die Linke und Zukunft für Würzburg im Würzburger Stadtrat sorgt mit einem geplanten gemeinsamen Gesetzesantrag für mächtig Aufsehen. Wie die Grünen-Stadtratsfraktion in einer Pressemittteilung vorab verrät, möchten die linksgerichteten Parteien im Stadtrat einen christlichen Feiertag in Würzburg abschaffen. Damit wollen die Parteien ein demonstratives Zeichen setzen, um dem gesellschaftlichen Wandel mehr Rechnung zu tragen.
„Ein starkes Signal aus einer Bischofsstadt“
„Jedes Jahr gibt es immer mehr Kirchenaustritte. Selbst in der einstigen Katholikenhochburg Würzburg sind Katholiken nur noch eine Minderheit. Warum sollen sich dann die meisten Feiertage nach wie vor auf eine Religionsgemeinschaft berufen, der die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gar nicht (mehr) angehört?“, fragt sich die Fraktion der Grünen gemeinsam mit den anderen Parteien. Das Bündnis will daher ein starkes Signal setzen und in der Bischofsstadt als erste Gemeinde Bayerns Fronleichnam als Feiertag abschaffen. „Fast niemand kennt überhaupt die wahre Bedeutung dieses Feiertags, wir Stadtratsmitglieder der Grünen ehrlich gesagt auch nicht, und es interessiert uns auch nicht. Es ist daher an der Zeit, dieses verkrustete Relikt aus der Vergangenheit endlich zu überwinden“, heißt es in der Pressemitteilung.
Die schönsten und wichtigsten Weinfeste in Franken im Überblick
Der 25. Mai soll in Würzburg zum Feiertag werden
Der Feiertag soll jedoch nicht ersatzlos gestrichen werden. Lange Zeit haben die Fraktionen in Sondersitzungen darüber sinniert, welchem bedeutenden Ereignis oder Kulturgut man stattdessen einen freien Tag im Jahr widmen könnte. Da der Feiertag (zunächst) nur in Würzburg ersetzt werden soll, war ein regionaler Bezug schließlich ausschlaggebend für eine kreative Lösung: Alle Würzburgerinnen und Würzburger sollen künftig den 25. Mai freibekommen, am „Tag des Weins“.
Lebensqualität in Würzburg hervorheben
Beim in den USA ins Leben gerufenen „Wine Day“ geht es darum, ein (paar) Gläschen seines Lieblingsweines mit seinen liebsten Freundinnen und Freunden zu trinken und diesen Moment bewusst zu genießen. Wo würde das besser passen als in der Stadt von Johann von Goethes Lieblingswein? „Damit würden wir die besondere Lebensqualität in Würzburg hervorheben und dass wir diese besonders schätzen“, heißt es in der Presseerklärung zu dem Vorhaben. Deshalb solle allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Zeit gegeben werden, diese Lebensqualität an einem besonderen Tag zelebrieren zu können. Passenderweise fällt der 25. Mai auch genau in den Zeitraum, in dem sonst Fronleichnam zelebriert wird.
CSU möchte lieber weltlichen Feiertag ersetzen
In der CSU-Stadtratsfraktion ist man hinsichtlich des Gesetzesvorschlags zwiegespalten. „Zugegebenermaßen ist das eine gute, originelle Idee, unseren hochgeschätzten Frankenwein zu würdigen“, sagt Bürgermeisterin Juthid Jörg auf Anfrage. Sie würde eine Namensänderung in „Tag des Frankenweins“ begrüßen, um den regionalen Bezug zu verdeutlichen. Dass der neue lokale Feiertag auf Kosten eines christlichen Hochfestes eingeführt werden soll, gefalle den Christsozialen jedoch gar nicht. Die Fraktion arbeite daher bereits an einem Gegenentwurf, der stattdessen einen weltlichen Feiertag in Würzburg abschaffen soll. „Uns schwebt da der Tag der Arbeit vor, da dieser in Würzburg ohnehin kaum begangen wird“, verrät Jörg. Diese Idee sorgt wiederum insbesondere bei SPD und Linke für ungläubiges Kopfschütteln. Daneben dürfte es schwierig werden, einen bundesweiten Feiertag nur für eine Kommune abzuschaffen.

Die Idee des neuen Feiertags am 25. Mai würde in Würzburg auf „fruchtbaren Boden“ stoßen. Foto: Philipp Heilgenthal.
Kulturreferat: Großes Weinfest in der gesamten Innenstadt
Indes ist das Referat für Kultur und Tourismus der Stadt Würzburg regelrecht begeistert von dem Antrag. „Das ist eine geniale Idee, die gleich mehrere Steine ins Rollen bringen würde. Den Tag des Weines könnten wir in Würzburg auf vielfältige, kreative Weise mit allen Bürgerinnen und Bürgern begehen“, schwärmt Klaus Scheuberger, Fachbereichsleiter für Kultur. Nachdem man an der THWS künftig den deutschlandweit einmaligen Studiengang „Kulinarik und Weintourismus“ studieren kann, wäre dieser besondere Feiertag ein weiterer Schritt, Würzburg ein Image als einzigartige Weinstadt in Deutschland aufzubauen. „Uns schwebt ein großes Weinfest in der gesamten Innenstadt mit zahlreichen Weinführungen vor. Das würde dem städtischen Tourismus und dem Image der Region einen bedeutenden Schub geben.“ Um am 25. Mai künftig möglichst viele Tagesgäste nach Würzburg zu locken, würde das Referat eine Ausweitung des Feiertags auf andere Gemeinden und Regionen sehr begrüßen. „Das würde einschlagen wie eine Bombe!“, ist sich Scheuberger bereits sicher.
Patrick Fridolin: Weiteren christlichen Feiertagen den Kampf ansagen
Tatsächlich arbeitet Grünen-Stadtrat und -Landtagsabgeordneter Patrick Fridolin schon an einem dementsprechenden Gesetzesentwurf, den er spätestens im Herbst im Bayerischen Landtag einreichen will. Ziel des Entwurfes, für den der Politiker parteiübergreifende Unterstützerinnen und Unterstützer finden möchte, sei es, den Feiertag künftig zumindest in ganz Unterfranken einzuführen. Des Weiteren plane Fridolin, die Würzburger Initiative in seine Landtagsfraktion zu tragen, um gemeinsam landesweit weiteren unbedeutend gewordenen christlichen Feiertagen wie Maria Himmelfahrt den Kampf anzusagen und mit bedeutenden politischen Ereignissen auszutauschen. So könnte in Zukunft der 7. November zu Ehren der Münchner Revolution 1918, die das Ende der Bayerischen Monarchie besiegelte, ein bayernweiter Feiertag werden.
Überraschend konstruktive Reaktion der Diözese
Seitens der Diözese Würzburg zeigte man sich von dem Vorhaben zunächst schockiert. Auf den zweiten Blick räumte Bernhard Schwestinger jedoch ein, dass das Fronleichnamsfest bei Gemeindemitgliedern tatsächlich nur noch von schwindend geringem Interesse sei. Der Pressesprecher der Diözese kündigt deshalb an: „Wir wollen uns der Debatte deshalb nicht verschließen, sondern mit den Parteien konstruktiv in den Dialog treten.“ Spontan falle den Kirchenoberhäuptern die Idee eines abgewandelten Erntedankfestes am Ende der Weinlese, also etwa Ende September, ein. „An einem solchen Feiertag könnten wir Gott für eine – hoffentlich – reichhaltige Lese danken und gleichzeitig seinen Segen für gutes Gelingen beim Keltern des neuen Jahrgangs und für eine besondere Eisweinlese erbeten“, erklärt Schwestinger die überraschende, zuvorkommende Idee aus dem Domkapitel. Im Anschluss an die Dankgottesdienste könnte schließlich ein großes städtisches Federweißerfest auf dem Marktplatz folgen.