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Blick auf den Platz am Schottenanger, der Standort für das Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung werden soll. Foto: Victoria Hoffmann
Blick auf den Platz am Schottenanger, der Standort für das Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung werden soll. Foto: Victoria Hoffmann

Würzburg bekommt ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung

Bedeutsame Erfindungen, Entdeckungen und Ereignisse waren mit der Frühen Neuzeit zwischen 1450 und 1650 verbunden: die Entdeckung Amerikas, die Erfindung des Buchdrucks, der Beginn der Reformation. Diese Zeit, die von der Erweiterung der bekannten Welt und des Umbruchs geprägt war, war aber auch die Zeit, in der Tausende von Menschen Opfer der Hexenverfolgung wurden. Sie wurden als Hexer und Hexen verfolgt und hingerichtet, unter den Rufen der Bevölkerung: „Lasst sie brennen!“ Auch Würzburg war trauriger Schauplatz zahlreicher Hexenverbrennungen.

Hexenmahnmal schon länger Thema

Bereits 2018 haben wir die Würzburg erleben-Community deshalb gefragt, ob es nicht auch in Würzburg ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung geben sollte. Anlass dazu war damals die Errichtung eines solchen Mahnmals in Aschaffenburg. In der Community wurde das Thema sehr kontrovers diskutiert – vor allem die Tatsache, dass Fürstbischof Julius Echter in Hexenverfolgungen involviert war und ihm mit einer großen Statue an der Juliuspromenade gedacht wird.

Denkmal soll an den Schottenanger

Wie die Stadt in einer aktuellen Meldung bekannt gab, möchte Würzburg den Opfern der Hexenverfolgung in ihrer Stadt jetzt tatsächlich ein Denkmal errichten. Der Stadtrat habe in der September-Sitzung beschlossen, dieses, gemäß der Empfehlung des Kulturreferates und vorbehaltlich der Finanzierung im Haushalt 2023, am Standort Schottenanger im Mainviertel zu schaffen.

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Mehrere Orte geprüft

Die Stadtverwaltung hatte mehrere Orte für das Erinnern als geeignet herausgesucht, die Prozess- und Hinrichtungsstätten waren, heißt es. Da wären zum Beispiel das Brückengericht an der Alten Mainbrücke auf der linken Flussseite, das „Hexengefängnis“, das 1618 im alten Landgericht zwischen Dom und Kürschnerhof eingerichtet wurde, das Areal Hexenturm am Geschwister-Scholl-Platz, die Hinrichtungsstätten auf dem Galgenberg, am Sanderrasen und am Schottenanger.

Auch in der Umgebung gibt es heute noch Erinnerungen an die grausamen Hexenprozesse. So heißt beispielsweise der Hexenbruch in Höchberg noch immer so, um an die Geistliche Maria Renata Singer von Mossau zu erinnern, die wegen Hexerei verurteilt und ermordet wurde. Der Hexenbruch war damals ein Steinbruch, in dem Hexenverbrennungen stattgefunden haben. Neben der Festung Marienberg diente überwiegend der Würzburger Marktplatz als Hauptschauplatz für Hinrichtungen.

„Hexenturm“ kein authentischer Ort mehr

Geprüft seien auch Orte ohne historischen Bezug worden, aber mit möglicher örtlicher Eignung. Der Hexenturm sei kein authentischer Ort mehr und der Standort erinnere durch seine Namensgebung explizit an Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Studentenbewegung „Weiße Rose“ und damit im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Somit sei dieser Platz ausgeschieden.

Schottenanger: Neugestaltung rund um ein Denkmal

Die Empfehlung, der die Stadträtinnen und Stadträte folgten, priorisiere den Platz am Schottenanger, an dem beispielsweise der Pfeiffer von Niklashausen hingerichtet wurde, heißt es. Der Platz solle neugestaltet werden und eine neue Aufenthaltsqualität erhalten. Bäume sollen gepflanzt werden, einige Parkplätze jedoch wegfallen. Nächster Schritt sei jetzt ein Künstlerwettbewerb. Die Realisierung wie auch die Finanzierung sollen von Stadt, Bistum und Bezirk übernommen werden – aufgrund der gemeinsamen historischen Verantwortung, so die Stadt. Auch die Form des Gedenkens wurde von dem Fachgremium aus Vertretern der Stadt, der katholischen Kirche, sowie der Universität sehr ausführlich und umfassend beraten. „Wir wünschen uns“, so Kulturreferent Achim Könneke, „nicht nur eine künstlerische Interpretation, sondern auch eine Ergänzung durch vermittelnde Informationstafeln und/oder ein zusätzliches digitales Angebot zur Umsetzung der hochkomplexen Thematik.“

Über 350 Opfer der Hexenverfolgung in Würzburg

Neuesten Forschungen zufolge wurden in Europa bis 1750 zwischen 40.000 und 60.000 Menschen Opfer der Hexenverfolgung. Seinen Höhepunkt erreichte der Hexenwahn zurzeit des Dreißigjährigen Krieges. In Süddeutschland starben etwa 9.000 Menschen, in Würzburg über 350. Auffallend dabei sei in Würzburg die hohe Anzahl von Kindern und Klerikern unter den Opfern. Als letztes Opfer der Hexenverfolgung in Franken wurde die Nonne und Subpriorin des Klosters Unterzell bei Würzburg am 21. Juni 1749 hingerichtet.

Jagd auf Menschen aller Gesellschaftsschichten

Die Hexenverfolgung erfasste Menschen aller Stände – und wurde nicht selten von der Bevölkerung und Autoritäten vor Ort initiiert. Es war nicht allein die Kirche, sondern auch die weltliche Obrigkeit und die Universität, die Verantwortung hatten. Weltliche Gerichte verurteilten die Menschen und vollzogen die Hinrichtungen, Gutachten kamen von der Universität. Darüber hinaus gibt es auch für den Raum Würzburg eindeutige Hinweise, so in Quellen der Staatsarchive Würzburg und Wertheim, dass auch von den Untertanen tatsächlich ein erheblicher Druck auf die Fürstbischöfe und ihre Verwaltung ausgeübt wurde, der Hexerei Verdächtigte zu verfolgen. Es war eine alle Schichten ergreifende Jagd auf Menschen. Neben einfachen Leuten, überwiegend Frauen, wurden Adlige, Ratsherren und Bürgermeister verbrannt.

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