Militär und Airport gehörten irgendwie zusammen. Nicht nur sind hunderte Soldatinnen und Soldaten der Kasernen in Würzburg und Schweinfurt dort feiern gegangen, auch Türsteher Christoph Braasch kam durch die Bundeswehr in Kontakt mit Würzburg. Ursprünglich „in der Ecke von Sylt“ geboren war Christoph Braasch zu Abiturzeiten in Baden-Württemberg und dann bei der Bundeswehr in Ellwangen. Ein Kumpel, ein echter „Ur-Würzburger“, lud den späteren Türsteher erstmals ins Airport nach Würzburg ein. Christoph Braasch verliebte sich – nicht nur ins Airport, sondern auch in die Stadt und zog nach seiner Bundeswehrzeit in Ellwangen zum Studieren an den Main.
2005 gab es dann den ersten Studentenjob für ihn, im Airport als Teil der Security. „Ich habe da erst mal die Stempel am Eingang verteilt, einfach die simpelsten Jobs gemacht. Auch mal am Notausgang stehen und schauen, dass da keiner unbefugt raus- oder reingeht“, erinnert sich Braasch, der damals schon ein kleines Unternehmen hatte und auf selbstständiger Basis arbeitete. „Es war für mich immer ganz okay, du kannst deine Arbeit mit dem Musikhören verbinden. In einer Rush Hour ist das natürlich nicht ganz so, wenn da viele Leute vor dir stehen, da ist man schon auf die Einlassphase fokussiert, du hast aber dann nach dem Hauptteil Gelegenheit, auch mal am DJ Pult zu verweilen und auch ein bisschen Musik zu hören“, sagt der Security-Profi, der selbst auch gern elektronische Musik hört. „Die musikalische Vielfalt, auch elektronisch, war damals echt toll. Die Leute, die da gebucht hatten, hatten einen guten Riecher. Da sind viele der Namen, die gespielt haben, später sehr bekannt geworden.“ Nur Musikhören ist als Türsteher aber auch nicht.
Crime im Airport: Herausforderungen eines Türstehers
„Das Airport hat gefordert, weil man immer zwei bis drei ganz unterschiedliche Veranstaltungsformate hatte und daher ganz unterschiedliches Publikum. Da musste man bei den U18-Jährigen die Dokumente verwalten, Eltern haben gequengelt, weil sie warten mussten, weil das Kind nicht rauskam.“ Durch Abende mit Hip-Hop-Events und dem danebenliegenden Rockpalast seien eine Menge unterschiedlicher Charaktere aufeinandergetroffen. „Da hast du eine große Bandbreite, das sind viele Welten, die aufeinander treffen.“ Oder Tacheles gesprochen: „Bei wie vielen Schlägereien ich eingegriffen habe, das habe ich nicht mitgeschrieben. Das muss man für sich auch löschen, denn sonst belastet dich das auch. Da ist von Kinderschubsereien über Beziehungszwistigkeiten oder auch Mädelsstreitereien, die echt richtig hart sein können, alles dabei gewesen.“
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Die Security als beruhigender Pol eines Abends ist in Clubs Pflicht und vorgeschrieben. Auch mal da zu sein, wenn einer weint, Probleme hat, wenn es jemandem nicht gut geht. Oder wenn eben jemand ‚drüber‘ ist, gewalttätig wird oder mit Drogen etwas am Hut hat. An dieser Schnittstelle arbeitete Braasch über zehn Jahre lang. Unter anderem auch eng mit der Polizei: „Wie bei jeder Beziehung muss man sich auch mit der Polizei ein Vertrauensverhältnis erarbeiten. Am Anfang kann das reservierter sein, aber wenn die sehen, dass wir an einem Strang ziehen, dann hilft man sich auch mal – auch wir den Polizisten. Das ist ein Miteinander, da geht es nicht mehr um Zuständigkeiten.“ So habe er auch geholfen, wenn auf der Straße vor dem Airport – das nicht mehr zum Bereich der Security gehört – etwas nicht ganz koscher lief. „Du wirst bei Auseinandersetzung sowieso als Zeuge vernommen. Da war es wichtig, zu wissen, was passiert ist.“ Kommt es zu Konfliktsituationen, dann schreibt Christoph Braasch auch mal einen Sachverhalt auf, um sich zu konzentrieren. „Wenn die Leute in Rage sind, differenzieren sie nicht. Da muss auch mal eine Uhrzeit ordentlich stichpunktartig erfasst werden.
Kleine Sünden: Wie sich zu junges Publikum einfach älter machen wollte
An die Zweitausender hat Braasch gute Erinnerungen. „Ich fand es geil, wie viele Ideen jüngere Leute haben, um sich älter zu machen.“ Ein Beispiel für ’schlecht gedacht, schlecht gemacht‘: „Da steht eine, die hat einen Ausweis wo Verena drinsteht und auf der Halskette von ihr steht dann Janine.“ Andere hätten hingegen sehr raffinierte Gedanken gehabt. „Es gab einen, der hatte alle Bändchen der vergangenen Abende gesammelt, um mal wieder reinzukommen, wenn der Abend zum Bändchen passt. Andere haben ihre Ausweisdokumente aufwändig mit Folie und Rasierklinge bearbeitet und Zahlen gefälscht.“ Was nach Dokumentenfälschung klingt, wurde „bei den Kids aber locker gehandhabt.“ Für Christoph Braasch und seine Kollegen ein amüsantes Spiel. „Sich reinmogeln, weil der Laden so geil war, das war schon phänomenal.“ So hätten sich Leute, die rausgeflogen sind, zuhause umgezogen und die Haare anders gemacht und seien dann aber natürlich trotzdem nicht mehr reingekommen. Wer aber beispielsweise Turnschuhe anhatte, obwohl die am jeweiligen Abend nicht gewünscht waren, die hätten sich auch mal am Auto umgezogen – und das erfolgreich, „die kamen rein, die hatten ja Lust.“ Als Türsteher habe man ja nur kurz Zeit, die Leute wahrzunehmen und einzuschätzen. Da läge man schon auch mal daneben.
Als der frühere Airport-DJ Agent mit Dirk Nowitzki aufgelegt hat
Heute mit eigener Sicherheitsfirma unterwegs
Bis 2012 arbeitete der 1,87 Meter große Sicherheitsmann nebenbei im Airport. Danach gründete er eine eigene Sicherheitsfirma: „Dass es dazu kam, ist die 100-prozentige Schuld von Wolfgang Weier. Er kam auf mich zu und meinte, dass ich sowieso bei der Orga unterstütze, dann hat er gemeint, ob ich das nicht professionell machen möchte.“ Gesagt getan, noch einige Jahre begleitete der Türsteher mit eigenem Personal das Airport an der Tür. Heute ist der 39-Jährige froh, nachts auch mal Pause zu haben. „Wenn du jünger bist, kompensierst du die Nachtarbeit schneller und kommst besser klar. Du hast an so einer Diskotheken-Tür halt keine normale Schichtarbeit, du hast keinen gleichen Rhythmus.“ Mittlerweile ist seine Firma unter anderem auf Konzerten in ganz Deutschland unterwegs. So kann Christoph Braasch die Clubtür auch entspannt hinter sich lassen.
Tipp: Pikante Fotos dokumentieren, wie Würzburg vor zehn Jahren gefeiert hat