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DJ Marco Mora (links) und Wolfgang Weier im Jahr 2010. Foto: webflaser
DJ Marco Mora (links) und Wolfgang Weier im Jahr 2010. Foto: webflaser

Als Sven Väth den Airport-Boden kehrte: Wolfgang Weier über frühe Jahre im Air

Wolfgang Weier ist so etwas wie das wandelnde Lexikon der Airport-Clubgeschichte. Über viele Jahre begleitete der Geschäftsführer von „Würzburg macht Spaß“ die überregional bekannte Würzburger Diskothek, einerseits als DJ, andererseits als Hiphop-Veranstalter, Presseverantwortlicher und nicht zuletzt zeitweise auch als Geschäftsführer des Airports.

So war es auch er, der auf der Mauer vor dem Airport saß, als der heute bekannteste Partyfotograf webflasher erstmals im Club fotografieren wollte. Das ist fast zwanzig Jahre her. Und Weier kann sich gut erinnern, an die goldenen und zwischendurch immer wieder schwierigen Zeiten der Diskothek in der Gattingerstraße, die Wochenende für Wochenende mehrere tausend Menschen zeitgleich in ihr Innerstes verschlucken konnte.

Als Schüler bei Hartung, Bäulke oder im B3 gefeiert

Die eigene Feierkarriere startete für Wolfgang Weier, Jahrgang 1972, aber nicht im Airport, sondern bereits mit 14 Jahren in den Tanzschulen Hartung und Bäulke. Bei Discoabenden war der damals Minderjährige mit Freund:innen zu Gast, ebenfalls im B3, dem heutigen Labyrinth, in dem es am Sonntagnachmittag immer eine Schülerdisko gab. So sahen die ersten Kontaktpunkte in den 80ern, dem Jahrzehnt des Synthie-Pops, für den heute 50-Jährigen aus.

„Damals gab es schon das Airport, das hat 1983 aufgemacht. Und der Rockpalast kam 84 dazu. Darüber hinaus hatte Würzburg in der Innenstadt das besagte B3, in der Nürnberger Straße das Way Up, in dem später der Apfelbaum war, auch das Monokel unterhalb des Bavaria-Kinos. Im Studio war zu der Zeit die Green Goose. In der Green Goose war die Türkontrolle lasch und es war fußläufig erreichbar, also waren wir da schon vor unserem 18ten feiern. Und auch legendär: Das preisgekrönte Paramount in der Karmelitenstraße, das heute ein Klamotten-Outlet ist. Das wurde aber bereits geschlossen, bevor ich in die Clubs reingekommen bin“, sagt Weier über die damalige Würzburger Szene. Und klar, „ich bin schon relativ früh ins Airport, erstmals als ich 15 Jahre alt war in Begleitung meines Cousins.“

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Airport unter der Woche zur Altbier-Nacht, da war die Security gnädiger

Mit 16 war Weier dann meist bei der Altbier-Nacht am Mittwoch, da die Security am Wochenende bei den Alterskontrollen strenger war. „Mit Schülerausweis hast du bei der Altbier-Nacht fünf Mark bezahlt und hast vier Altbier-Gutscheine bekommen. Das Bier hat nicht gut geschmeckt, aber damals hat der Zweck die Mittel geheiligt.“ Weier war also schon vor der Volljährigkeit ein Airport-Kind, legte seit seinem Jugendalter mit Platte auf und fing zwei Wochen nach seinem 18. Geburtstag an, im Rockpalast das Licht zu machen – einer seiner Wegbegleiter war der Rockpalast-DJ und ein Freund Weiers, Peter Brosch, der damals bereits in der Rock-Disko spielte. Irgendwann habe der Mittwochs-Lightjockey im benachbarten Airport aufgehört, der damalige Airport-Inhaber Michael Bauer bot Wolfgang Weier den Job an. Der damals noch 18-Jährige wechselte vom Rockpalast als „LJ“ (Lightjockey) ins Air. Und so lief es für Wolfgang Weier nach zwei Jahren dann auch darauf hinaus, das Ruder am Musikpult im Air zu übernehmen, nachdem der Mittwochs-DJ ins Ausland nach Südamerika ging.

Das Airport und sein Status als bekannter Techno-Club

Heute ist das Airport als Techno-Institution in ganz Deutschland auf dem Radar. Das war damals, in den frühen 90ern, aber noch nicht so. Unter anderem war durch Weiers eigene Veranstaltung, der Osterjam, zu dem bei der ersten Edition unter anderem die „Absoluten Beginner“, „Fresh Family“ und die „Massiven Töne“ zu Gast waren, das Airport auch für Hip-Hop bekannt. 1994 war das, 3.000 Besucher:innen kamen ins Airport, Resident-DJs wie DJ Warren oder Baby-Bee festigten den Ruf.

Doch ein Trend ließ sich nicht übersehen: Der Techno kam nach Deutschland. Für das Airport war das nach den goldenen Jahren, in denen vor allem Soul und Black-Music für die damals stationierten Soldaten ein Renner war, eine erste Krisenphase. „Mirko Betz war der erste, der Techno in Würzburg gespielt hatte. Für ihn wurde auch der kleine Noise Club ins Airport gebaut.“ Schnell war der Noise Club überfüllt und die große Halle war leer. „Der damalige Inhaber Michael Bauer und sein Geschäftsführer Rudi Schmitt haben entschieden, voll auf elektronische Musik zu setzen. Mirko ging vom kleinen Raum ins große Airport. Das hat keine paar Wochen gedauert, bis auch das Airport total voll war.“ Das Airport wurde zum Technoclub und war unter anderem fester Bestandteil der aufkeimenden Loveparade, die elektronische Musik in Deutschland für ein Monster-Event in Berlin zentralisierte.

Techno und Drogen: Die Stadt spielte nur bedingt mit

Trotz des Techno-Hypes stand das Airport zeitweise vor dem Aus. „Die Stadt hatte sich sehr restriktiv gegenüber dem Club gezeigt, die neue Musikrichtung stand mit Drogen in Verbindung. Und Michael Bauer hatte keine richtige Lust mehr auf das Provinzkaff Würzburg. Er wollte weg.“ So wurde das Airport 1994 verkauft. Sven Väth hat damals zur Abschiedsparty aufgelegt, die Leute lagen sich weinend in den Armen. Geputzt hat Väth damals aber noch nicht, dazu sollte es noch kommen.

Wolfgang Weier heute. Foto: Thomas Bader

Nachdem das Airport ein dreiviertel Jahr geschlossen war und es Airport-Partys namens „Love Boat“ nur auf dem Ausflugsdampfer „Alte Liebe“ gab, übernahm ein Würzburger Gastronom schließlich die Diskothek in der Gattingerstraße. Unter dem neuen Namen „Dance Factory“ war aber nur wenig zu machen, die neue Diskothek „wurde von Würzburger:innen abgestraft, die das Airport geliebt haben.“

Die Ära Schmitt

1995 übernahm schließlich Rudi Schmitt, der vor dieser Phase schon mal Geschäftsführer war. Ab diesem Zeitpunkt war das Airport wieder „proppenvoll“, Wolfgang Weier kam fest zum Team, gestaltete die Hauszeitung „Airlebnisblatt“ und kümmerte sich um die Pressearbeit. Schmitt kaufte darüber hinaus den Rockpalast und formte den „Soundpark“. Wieder so eine goldene Phase, doch für den damaligen Betriebsleiter zu viel. Weier und auch ein damaliger Kollege, Mischa Steigerwald, der ab 2014 kurzzeitig auch als Betreiber wieder eine große Rolle im Airport spielen sollte, übernahmen die Geschäftsführung. Es kamen Formate wie die Freitagspartys mit den „Plattenauflegern“ dazu, zu deren Schlagermusik schon seit Mitte der 90er Jahre „die Techno-Leute verkleidet gefeiert haben.“

2003: Sven Väth kehrt den Clubboden im Airport

Ein Highlight aus dieser Zeit: An einem Abend, an dem Sven Väth wieder eines seiner ausladenden Sets spielte, gab die Stadt keine Genehmigung für einen verlängerten Clubbetrieb für die Afterhour. So musste das Airport während der sogenannten „Putzstunde“ von 5 bis 6 Uhr schließen. Väth zögerte nicht, schnappte sich einen Besen und half, den Boden zu kehren. „Der Meister kehrt den Boden“, sagt Weier baff. Eine Sternstunde, die offenbar auch zeigt, wie bodenständig der Frankfurter DJ zu dieser Zeit, zu der er einer der angesagtesten DJs Europas war, geblieben ist.

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Während einer Putzstunde schnappte sich der international erfolgreiche Sven Väth den Besen und fegte. Foto: Screenshot Facebook (@ Jochen Zipf)

2010: Keine Kippen mehr im Club, immer mehr Amerikaner:innen wurden abgezogen

Bis 2010 war das Airport eine Art Goldgrube, bis gleich mehrere Ereignisse weitere „Kipppunkte“ wurden. So habe die Einführung des Rauchverbots Besucher:innen gekostet, auch der Abzug der Amerikaner:innen durch die Schließung der Kasernen in Würzburg und Schweinfurt kosteten eine Menge Umsatz. „Wenn bei den Amis ‚Payday‘ war, da gingen am Wochenende darauf flaschenweise Spirituosen über die Theke“, erinnert sich Weier.

Neue Zielgruppen und das Problem mit Social Media

Das Airport war gezwungen, neue Zielgruppen zu erschließen. Früh sei man auf Social Media aktiv gewesen, habe beispielsweise eine Myspace-Seite gehabt. Doch Social Media sei für das heutige Nachtleben ein dickes Problem. „Die Leute haben sich schon zu Beginn einer Nacht ausgetauscht, wo was los oder eben nicht los sei. Wenn jemand um Mitternacht schreibt, dass nichts los ist, dann kommen seine Freunde nicht. Aber wo ist zu der Zeit schon was los?“, fragt Weier. Und auch Handyfotos und -videos seien ein Grund, warum heute „mehr mit angezogener Handbremse“ gefeiert werde.

Generell sei die Feierkultur mittlerweile anders in Würzburg, „die Leute schätzen die Diversität, die Clubs am Stadtrand gehen da manchmal etwas unter.“ Daher hat Weier größten Respekt vor Frank Knüpfing, der das Airport heute wieder in eine goldene Phase geführt habe. „Er hat es geschafft, alte Konzepte wiederzubeleben und da oben einen erfolgreichen Laden zu machen.“ Einfach sei das mit Sicherheit nicht.

Weg vom Club- zur Eventkultur

Ob nun kleine Clubs, wie es sie vermehrt in Würzburg gibt, oder eben die großen Diskotheken wie Airport und Capitol besser seien, will Wolfgang Weier heute nicht pauschalisieren. „Die kleineren Clubs können leichter voll werden und dann entsteht dort leichter eine tolle Party, aber wenn ein Club zwar einen tollen DJ hat, der Türsteher jedoch einen blöden Spruch lässt oder ich ewig auf mein Getränk warten muss, dann vermiest mir das überall die Nacht.“

Heute stelle Weier aber fest, dass die Leute einfach weniger in Clubs gehen – das sei auch der Grund, warum diese kleiner geworden seien. „Die Leute geben viel mehr Geld für größere Festivals und Events aus“, sagt die Nachtleben-Persönlichkeit.

„Würzburg ist aber nach wie vor eine gigantisch gute Feierstadt, was schon auch an der Jugendlichkeit der Stadt liegt – unter anderem durch die Studierenden.“

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