Alkoholverbote in Würzburg: Verbotskultur an einzelnen Orten das Richtige?
Dieses Wort „Verbot“, es ruft gleich wieder Erinnerungen an den Partysong „Layla“ hervor – jenes Lied, das erst seinen Hype erlebte, als die Stadt Würzburg die Gröhl-Hymne aus dem Kiliani-Bierzelt verbannen wollte. Auch wenn es sich um kein konkretes Verbot handle, erlaubt war es auch nicht, das Lied zu spielen. Zu sexistisch ist der Song für die Veranstaltung, die Stadt schob DJ Robin, Schürze und ihrer Puffmama einen Riegel vor. Kritik gab es von Seiten vieler Bürger vor allem daher, dass ein Verbot hier rein willkürlich sei, es müssten dann auch ganz andere Lieder verboten werden und überhaupt würde man durch Verbote nichts besser machen.
Neues Nachtleben-Konzept
Zum August greifen zwei weitere Verbote in Würzburg. Wie berichtet, gilt seit Montag ein neues Nachtleben-Konzept, das neben Konfliktmanagern und Nacht-Mediatoren auch ein Alkoholverbot für die beliebten Feiermeilen Sanderstraße und Juliuspromenade beinhaltet. Zwischen 1 Uhr nachts und 6 Uhr morgens darf hier auf offener Straße nicht getrunken werden.
Die Gastronomen stehen dem Verbot positiv gegenüber. Michael Schwägerl vom Hotel- und Gaststättenverband betonte zum Start in der Main-Post, dass er nur hoffe, dass das Verbot zu keiner Verlagerung führe. Und genau hier kritisiert auch die kürzlich zusammengeschlossene „Interessensgemeinschaft Sanderstraße“ das Konzept der Stadt. „Wir begrüßen die Initiative der Stadt, haben aber Zweifel, ob Verbote zielführend sind“, so Manuel Bettinger von der Interessensgemeinschaft. Dem Zusammenschluss haben sich in den ersten Tagen hunderte Würzburger angeschlossen, darunter Anwohner, Feiernde und einzelne Gastronomen wie das Kurt & Komisch und auch das benachbarte Loma.
Kritik: Zu wenig Kontakt zu den Praxiserfahrenen vor Ort
Auch wenn die in der IG organisierten Betriebe das Vorgehen der Stadt unterstützen wollen, sei eine Einbindung ins Konzept zu kurz gekommen. „Der Club Kurt & Komisch hat am 8. April bereits seine Hilfe angeboten, das wurde auch von einem Abgeordneten der Grünen im Stadtrat vorgebracht. Es ist aber nichts passiert“, sagt Bettinger. Er wünscht sich, dass die Verbote gründlich evaluiert auch mit den Akteuren in der Sanderstraße erarbeitet werden müssen. Denn eine genau vermessene Sanderstraße, in der das Verbot gilt, verhindert ja nicht, dass jemand zwei Meter weiter in der Elefantengasse sein Bier trinkt und danach wildpinkelt. Pragmatischer Vorschlag der IG: Auch im Umfeld der Sanderstraße müsse es mobile Toiletten geben. So sähen einfache infrastrukturelle und „praxisnahe Verbesserungen“ aus.
Vergleich mit Köln, in der die Vorhaben der Stadt scheiterten
Warum braucht es überhaupt die Interessensgemeinschaft, wenn die Stadt sich nun selbst einbringt und beispielsweise die Evangelische Jugendhilfe das Konfliktmanagement in Würzburg übernehme. Das beantwortet Philipp Schmitt, der einerseits einen Gastronomiebetrieb in Köln führt, andererseits aber auch Teil der Interessensgemeinschaft Sanderstraße und langjähriger Mitgestalter im Club Kurt & Komisch ist. Der gebürtige Unterfranke zieht Vergleiche zu Köln: „Wir haben dort die Interessensgemeinschaft ‚Belgisches Viertel‘ gegründet und gestalten dort mittlerweile sogar das Verkehrskonzept mit. In Köln hat sich nämlich erwiesen, dass sämtliches, was die Stadt versucht hatte, zu theoretisch war. Das war nicht realitätsnah.“ Für ihn fiel die Arbeit in der Kölner Interessensgemeinschaft derart produktiv und ergebnisreich aus, dass das Vorbild auch für Würzburg tauge.
Was die Interessensgemeinschaft Sanderstraße erreichen möchte
„Ein Alkoholverbot reicht einfach nicht aus, um die Situation hier zu klären“, sagt Manuel Bettinger. Deshalb setze sich die Interessensgemeinschaft unter anderem auch für ein Konzept namens „Safer Party“ mit dem Hotel- und Gaststättenverband ein. Darüber hinaus sollen mehr frei und kostenlos zugängliche WC-Möglichkeiten geschaffen werden sowie der Einsatz von „Ruhestifter“ verstärkt werden, wie es sie auch schon vor den Bars Loma und Hoffnung wie auch dem Club Kurt & Komisch gebe. So sagt Bettinger über die Interessensgemeinschaft: „Wir wollen proaktiv und gemeinsam Regeln und Konzepte erarbeiten, um die Lärmproblematik durch Passanten in den Griff zu bekommen, Müll und andere Hinterlassenschaften zu minimieren und künftig eine direkte und einheitliche Kommunikation zwischen Anwohnern, Politik, Behörden und Gastronomie ermöglichen.“