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"UWE-4" hat in seiner Umlaufbahn um die Erde erfolgreich Manöver vollführt. Foto: Lehrstuhl Informatik VII / Universität Würzburg.
"UWE-4" hat in seiner Umlaufbahn um die Erde erfolgreich Manöver vollführt. Foto: Lehrstuhl Informatik VII / Universität Würzburg.

Satellit „UWE-4“: Uni Würzburg mit Mission im All

Um die Erde schwirren jede Menge ausgediente Satelliten und anderer Weltraumschrott. Das birgt Gefahren für funktionierende Satelliten, die bei Kollisionen mit Schrott beschädigt werden könnten. „UWE-4“ sollte als erster Pico-Satellit weltweit über das Universität-Würzburg-Experimentalsatelliten-Programm (UWE) seine Umlaufbahn kontrollieren. Anfangs sah das gar nicht gut aus, denn von den vier Miniatur-Elektrotriebwerken an Bord funktionierte zuerst nur eines, später zeitweise noch ein zweites. „Allerdings hat Alexander Kramer in seiner Doktorarbeit sehr clever die noch verfügbaren Systeme genutzt – den verbliebenen Elektro-Antrieb und die Orientierung gegenüber dem Erdmagnetfeld mit Magnetfeldspulen –, um dennoch alle geplanten Manöver durchzuführen“, freut sich sein Betreuer Professor Klaus Schilling, der an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) den Lehrstuhl für Informatik VII (Robotik und Telematik) leitet. Entwickelt wurde „UWE-4“ von Schillings JMU-Team mit Dr. Stephan Busch, Dr. Philip Bangert, Alexander Kramer und Dieter Ziegler sowie zahlreichen Informatik- und SpaceMaster-Studierenden.

Erfolgreiche Manöver

Absenkung der Umlaufbahn

Der Satellit vollführte gleich drei Manöver, die für die Klasse der Pico-Satelliten als Weltpremieren gelten dürfen: Ein kontrolliertes Absenken der Umlaufbahn war eines der Manöver, die „UWE-4“ dank seines innovativen Elektro-Antriebs im Juni 2020 erfolgreich gemeistert hat. Im Sinne der Müllvermeidung ist es in der Raumfahrt mittlerweile Pflicht, Satelliten bis zum Ende ihrer Lebensdauer auf einen Absturz-Orbit zu bringen, so dass sie in der Atmosphäre verglühen.

Anhebung der Umlaufbahn

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„UWE-4“ konnte seine Umlaufbahn auch anheben, durch Feuern seiner Triebwerke mit der richtigen Ausrichtung und Zeitdauer. Dieses Manöver eröffnet interessante Perspektiven, um die Lebensdauer funktionierender Satelliten zu verlängern. Auf erdnahen Bahnen sinken Satelliten durch den Luftwiderstand der Restatmosphäre normalerweise zügig nach unten. So muss zum Beispiel auch die Raumstation ISS ständig Treibstoffnachschub durch Versorgungs-Raumschiffe erhalten, um ihr Absinken wieder durch die Triebwerke korrigieren zu können.

Vermeidung von Kollisionen

Als drittes Manöver gelang außerdem die Vermeidung von Kollisionen: Während der Experimente erhielt Doktorand Alexander Kramer eine Warnung von SpaceOps, der Weltraumkontrollstelle der US-amerikanischen Luftwaffe. Es bestand die Gefahr, dass „UWE-4“ mit einem ausgedienten Telekommunikationssatelliten zusammenstoßen könnte. Kramer veränderte daraufhin gezielt die Bahn von „UWE-4“, um den Sicherheitsabstand zwischen den beiden Satelliten zu vergrößern.

NanoFEEP-Antriebssystem aus Dresden

So konnte erstmals ein Kleinst-Satellit dank seines Elektro-Antriebs einer drohenden Kollision ausweichen. Das miniaturisierte elektrische Antriebssystem NanoFEEP (Field Emission Electric Propulsion) wurde vom Team um Professor Martin Tajmar an der Technischen Universität Dresden seit 2015 in gemeinsamer Forschung „UWE-4“ realisiert. Über eine Lochkathode in den Weltraum ausgestoßene Gallium-Ionen werden dabei auf eine Geschwindigkeit von bis zu acht Kilometer pro Sekunde beschleunigt. Dieser Impuls bewirkt nach dem Rückstoß-Prinzip eine Bewegung des Satelliten in die entgegengesetzte Richtung. Pico-Satelliten haben nur etwa ein Kilogramm Masse und sind in etwa so groß wie eine Milchtüte.

Großes Anwendungspotenzial

„Das sind gleich drei Technologie-Durchbrüche, die Alexander Kramer mit ,UWE-4′ weltweit erstmals für Kleinst-Satelliten im Orbit gezeigt hat“, stellt Professor Schilling fest. „Das eröffnet ein sehr großes Anwendungspotenzial gerade für kostengünstige künftige Generationen von Kleinst-Satelliten.“ „Im Moment sind Satellitenbetreiber noch nicht verpflichtet, ein Antriebssystem einzubauen“, sagt Kramer. Das müsse sich aufgrund gesetzlicher Vorgaben ändern, um so die Zahl der sich rasch anhäufenden Satelliten zu begrenzen: „In unterschiedlichen Weltraumorganisationen wird darum schon über die Notwendigkeit von Antriebssystemen diskutiert. Unsere Experimente mit ,UWE-4′ zeigen hier eine innovative Lösung auf.“

Nachfolge-Satelliten stehen schon bereit

Mit seinen vier Triebwerken kann „UWE-4“ länger als ein Jahr Störungen seiner Umlaufbahn korrigieren. Nach dem Erfüllen seiner Missionsziele wird er Ende 2020 von der Bodenkontrollstation an der JMU gezielt auf einen Absturzorbit gebracht. Ohne Antrieb würde er noch mehrere Jahre um die Erde kreisen, bevor er beim Eintritt in die Atmosphäre verglüht. Nachfolgesatelliten aus Würzburg stehen schon bereit: die vier NetSat-Satelliten des Zentrums für Telematik. Sie haben Würzburg bereits verlassen und sind auf dem Weg zum Raketenstartplatz in Plesetsk in Russland.

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Pressemitteilung der Julius-Maximilian-Universität Würzburg.
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