Emy Roeder war eine der profiliertesten Bildhauerinnen des 20. Jahrhunderts. In bemerkenswerter Konsequenz entwickelte sie anhand nur weniger Themen eine ganz eigene figürliche Bildsprache, die vom Naturvorbild ausgehend zu einer immer stärkeren Stilisierung führte. Ab Dezember werden ihre Werke in der Ausstellung „Das Kosmische allen Seins“ im Museum im Kulturspeicher Würzburg ausgestellt.
Weiblichen Akte & Gewandfiguren
Zeit ihres Lebens suchte Roeder, das Essenzielle des Daseins in ihren Werken zu fassen: Innere Ruhe und Kraft, Zartheit, Liebe, aber auch tiefe Einsamkeit. Ihre weiblichen Akte und Gewandfiguren, ihre Gruppen von Freundinnen und Geschwistern ebenso wie ihre Tierskulpturen strahlen eine selbstverständliche, ausgewogene Präsenz aus, die den Betrachter gefangen nimmt.
Eine Künstlerin aus Würzburg
Das Museum im Kulturspeicher bewahrt den künstlerischen Nachlass der in Würzburg geborenen Künstlerin. Die Ausstellung zeigt mit 78 Skulpturen – darunter einige Leihgaben aus Museums- und Privatbesitz – und über 100 Zeichnungen Emy Roeders künstlerischen Lebensweg und erzählt zugleich die Biographie einer bemerkenswerten Frau.

Campanische Bergziegen, 1948, Bronze. Foto: Museum im Kulturspeicher / Andreas Bestle
Von Würzburg über Berlin nach Florenz
Geboren 1890 als Tochter eines Würzburger Kaufmanns, lernt Roeder bei dem wegweisenden deutschen Bildhauer ihrer Zeit, Bernhard Hoetger. Ihre frühen künstlerischen Jahre verbringt sie in Berlin, wo sie als Mitglied der avantgardistischen „Novembergruppe“ erste Erfolge hat. Die berühmte „Schwangere“ in der Würzburger Sammlung etwa zeugt von ihrer Auseinandersetzung mit dem Expressionismus. Eine Version dieser Figur wird 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ präsentiert. Die Künstlerin weilt zu dieser Zeit mit einem Stipendium in Florenz. Sie bleibt und verlebt den Zweiten Weltkrieg in der Emigration.
Eine der großen Künstlerinnen ihrer Generation
Nach dem Krieg gelingt es ihr, in Deutschland wieder Fuß zu fassen; sie gilt nun als eine der großen Künstlerinnen ihrer Generation; Werke von ihr werden unter anderem auf der ersten „documenta“ 1955 dem Publikum präsentiert. Öffentliche Aufträge und Ankäufe zeugen von ihrem beträchtlichen Renommee und ermöglichen ihr ein unabhängiges Dasein. Emy Roeder nutzt ihre Freiheit: Noch im hohen Alter von über siebzig Jahren unternimmt sie Reisen nach Afrika, wo sie die Vorbilder für die schlanken, überirdisch wirkenden Frauengestalten ihres Spätwerks findet.

Liegende Ziege und Böckchen, 1948, Schwarze Kreide. Foto: Museum im Kulturspeicher / Andreas Bestle
Harmonische Figuren und strenge Stilisierung
Bei allen Umbrüchen der Zeit zeugt das bildhauerische und zeichnerische Werk Emy Roeders von einer bemerkenswerten Kontinuität. Vor allem seit den 1920er Jahren zeichnen sich ihre Figuren durch eine harmonische Klassizität aus; immer strengere Stilisierung führt zu einem zuweilen fast archaischen Ausdruck. In seiner Konsequenz und Qualität ist das Werk Emy Roeders dem ihrer bekannteren männlichen Bildhauerkollegen ebenbürtig.
Museum im Kulturspeicher
Die Ausstellung von Emy Roeder beginnt ab 1. Dezember 2018 und endet am 30. März 2019. Weitere Ausstellungsstationen sind im Landesmuseum Mainz, Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, 14. April bis 4. August 2019, Georg Kolbe Museum Berlin, 7. September 2019 bis 12. Januar 2020. Außerdem gibt es ein weitreichendes Begleitprogramm mit exklusiven Führungen und Events wie den Freundinnentag. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Deutschen Kunstverlag.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemeldung des Musuems im Kulturspeicher.