Wir laufen täglich an ihnen vorbei, begegnen ihnen im Alltag oder verbringen rauschende Partynächte in ihnen: Die Würzburger Originale! Doch wer steckt eigentlich hinter den Kneipen, was hat Kilian aus Irland nach Würzburg gebracht oder wo findet man als eingefleischter Schalke 04-Fan einen Zufluchtsort?
Diese und viele weitere Fragen haben wir uns auch gestellt und ein paar echte Originale besucht. In unregelmäßigen Abständen werden wir immer wieder einige der Originale vorstellen. Dieses Mal: der Bratwurststand Knüpfing am Marktplatz!
Von Würzburg nach New York
Bereits seit 1970 gehört die Bratwurst der Familie Knüpfing zu den Würzburger Spezialitäten wie ein Glas Silvaner oder ein Stück Zwiebelkuchen im Herbst. Mittlerweile gehören zum Familienunternehmen schon vier Generationen. Trotz einiger Rückschläge und dem tragischen Tod des Familienoberhaupts Karl Knüpfing im Jahr 2005, verkauft die Familie noch bis heute ihre Würste zu fairem Preis und in gewohnt guter Qualität. Aber was macht die Wurst eigentlich so besonders und warum ist sie auch über die Grenzen von Würzburg hinaus so beliebt? Wir haben die 58-jährige Silvia King, geb. Knüpfing getroffen und mit ihr über ihr Unternehmen gesprochen.
Würzburg erleben (WE): Frau King, Ihr Bratwurststand ist noch ein richtiges Familienunternehmen. Wie kam es dazu, dass ihre Familie sich diesem besonderen Gericht widmete?
Silvia King: Wir sind alle echte Franken. Da kommt man an einer guten fränkischen Bratwurst nicht vorbei. Meine Eltern fingen mit dem Verkauf bereits 1970 an. Im ersten Jahr allerdings noch eher als eine kleine Bude am Paradeplatz hinter dem Dom, weil auf dem Marktplatz die Tiefgarage gebaut wurde. 1971 sind wir dann aber in einen festinstallierten Stand auf den Marktplatz gezogen und seit dem Jahr 2000 befinden wir uns an dem Ort, an dem wir auch noch heute sind.
Ich selbst bin schon im Betrieb dabei seit ich 10 bin und auch meine Tochter Charlene ist als Metzgermeisterin jetzt komplett in das Unternehmen integriert. Auch meine Mutter hilft wo sie kann. Neben den drei Mitarbeitern, die wir in unserem Betrieb noch beschäftigen, herrscht bei uns also echte Frauenpower.

Der Bratwurststand Knüpfing auf dem Marktplatz. Foto: Katharina Bormann
WE: Ihren Bratwurststand gibt es in Würzburg nun schon seit fast 50 Jahren. Sind Ihnen unter den unzähligen Würzburgern und Touristen ein paar Gäste besonders im Gedächtnis geblieben?
Silvia King: Tatsächlich kam vor kurzem Georg Rosenthal an unserem Stand vorbei und brachte Sigmar Gabriel mit, der an diesem Tag in der Stadt war. Herr Rosenthal hat mich Herr Gabriel dann kurz vorgestellt. Da war ich wirklich ganz schön baff. Aber auch andere Politiker wie zum Beispiel Barbara Stamm kamen schon öfter bei uns vorbei.
Spannend war es auch immer wenn der ehemalige Domkapellmeister Siegfried Koesler nach den Proben für das Weihnachts-Oratorium eine Runde Würste für den Chor ausgab. Dann standen mit einem Schlag 50 Leute mit knurrendem Magen vor unserem Stand, die bedient werden wollten.
WE: Aber nicht nur Ihnen sind einige Gäste im Gedächtnis geblieben – sicherlich haben auch Sie Stammkunden, die immer wieder kommen, oder?
Silvia King: Auf jeden Fall! Es kam schon öfter vor, dass junge Frauen mit Kinderwagen bei uns vorbeikamen und erzählt haben, dass sie selbst schon mit ihren Omas hier gegessen haben. Das bestätigt einen natürlich und es freut uns riesig!
Wir haben aber auch viele Gäste aus aller Welt. Vor allem Amerikaner, die eine Zeit lang in Würzburg stationiert waren. Sie kommen bei ihren Deutschland-Besuchen immer bei uns vorbei und freuen sich meist schon bei der Landung in Frankfurt auf unsere Bratwurst.
Neulich hatten wir auch eine große Gruppe Mexikaner zu Gast. Meistens wird dann einer vorgeschickt, der erstmal probiert und dann bestellen alle eine Wurst und sind danach hellauf begeistert. Bisher habe ich noch keine Nation kennengelernt, der unsere Würste nicht geschmeckt haben. In Japan haben wir es sogar als kulinarischer Tipp in einen Deutschland-Reiseführer geschafft. Es ist dann immer ganz lustig anzusehen, wenn die Japaner mit dem Reiseführer in der Hand vorbeikommen und sich freuen, dass sie uns gefunden haben. Dann machen sie ganz glücklich ein Foto von der Wurst und können sagen „Wir waren da!“.

Nicht nur in Würzburg, sondern auf der ganze Welt beliebt: Eine „Geknickte mit“. Foto: Katharina Bormann
WE: Vor ihrem Stand ist eigentlich immer eine Schlange, weil alle ihre Bratwurst haben möchten. Waren sie schon einmal ausverkauft?
Silvia King: Nein, das waren wir noch nie. Nach 48 Jahren kann man ganz gut einschätzen, wie viel Ware man am Tag so braucht. Wenn man etwas knapp werden sollte, dann wären es aber sowieso eher die Brötchen. Würste haben wir immer genug – wir sitzen ja schließlich an der Quelle. Meine Tochter ist Metzgermeisterin und macht die Bratwurst selber. Das ist allerdings gar nicht so einfach, wie man denkt. Man kann nicht einfach alles in den Kutter schmeißen und hoffen, dass was Gutes dabei rauskommt. Das ist schon eine kleine Kunst für sich. Da müssen die Messer, die Temperatur und so weiter stimmen.
WE: Die Schlangen sind bei Ihnen zwar öfter einmal lang, aber dennoch muss man nicht ewig anstehen. Die Schlange wird immer recht fix abgearbeitet. Wie lautet ihr Geheimnis für den schnellen Service?
Silvia King: Das ist eigentlich ganz einfach: Wir haben nur eine kleine Auswahl. Wir legen einfach mehr Wert auf Qualität und nicht auf Quantität. Die Leute, die zu uns kommen, wollen keine Pommes und auch kein Gulasch. Sie wollen meistens einfach eine „Geknickte mit“ oder eine „Geknickte ohne“ – so bestellt man die Wurst nämlich richtig. Bei dem „mit“ und „ohne“ gibt es nur Senf. Ketchup hat es bei uns noch nie gegeben und wird es auch in Zukunft nicht geben. Durch die geringere Auswahl, müssen die Leute bei der Bestellung auch nicht so lange überlegen und entsprechend geht es natürlich schnell voran.
WE: Was macht ihre Würstchen so beliebt? Und stimmt es eigentlich, dass in ihren Würstchen auch ein bisschen Frankenwein ist?
Silvia King: Jeder Metzger hat sein ganz eigenes Rezept für seine Würste. Wir legen bei unserer Produktion zudem großen Wert auf eine hohe Qualität. Meine Tochter benutzt bei der Produktion sehr viel mageres Fleisch, was unsere Bratwürste weniger fettig macht. Die Gewürzmischung, spielt dann natürlich auch eine Rolle. Außerdem verwenden wir zum Braten schon seit 48 Jahren ungehärtetes Pflanzenfett der gleichen Marke. Auch hier lege ich großen Wert auf die Qualität und kaufe das Fett auch weiterhin, selbst wenn es einige Euro teurer ist als andere Fette.
Das mit dem Wein in der Wurst ist allerdings Humbug. Da wollte mal irgendwann jemand etwas Schlaues sagen und hat behauptet, in unserer Wurst wäre Frankenwein. Wir haben es tatsächlich mal probiert, aber das Ergebnis hat schrecklich geschmeckt. Genau wie Essig, macht Wein die Wurst nämlich sauer. Und auch mein Vater hat schon immer gesagt: „Ich ess‘ meine Wurst und trink meinen Wein dazu!“.

Eine gute Wurst und ein wenig Senf. Mehr braucht man nicht für eine echte Würzburger Bratwurst. Foto: Katharina Bormann
WE: Was macht Sie Ihrer Meinung nach zu einem echten Würzburger Original?
Silvia King: Dass es uns nach fast 50 Jahren immer noch gibt, hat vor allem mit Durchhaltevermögen zu tun. Man muss jeden Tag wieder neu anfangen und durchhalten. Viele haben eine super Idee, setzen sie dann um. Irgendwann merken sie dann aber, dass das Ganze auch mit Arbeit verbunden ist und hören wieder auf. In einem kleinen Familienbetrieb hat man sehr wenig Freizeit – neben Produktion und Verkauf muss ich zum Beispiel auch die Vorbinder der Mitarbeiter waschen und die Buchführung machen. Dabei bekomme ich aber natürlich Unterstützung von der ganzen Familie.
Ein weiterer Punkt, der uns so besonders macht. Wir halten immer zusammen. Natürlich wird bei uns auch öfter mal laut diskutiert, aber wenn es hart auf hart kommt, können wir uns aufeinander verlassen. Selbst als mein Vater verunglückt ist, haben wir noch am gleichen Tag die Produktion ganz normal fortgesetzt und unsere Würste verkauft. Auch wenn es hart war, muss das Geschäft auch in solchen Situationen weiterlaufen. Es hört sich vielleicht ein bisschen blöd an, aber die Arbeit muss gemacht werden. Auch wenn das nicht immer lustig ist.
Die Bestätigung für unsere Arbeit bekommen wir aber auch täglich durch unsere Kunden, die teils schon seit Jahrzehnten zu uns kommen und den einmalig guten Geschmack unserer Bratwurst loben. Da fühlt man sich natürlich bestätigt. Einmal wurde mein Vater sogar während eines Kneipenbesuchs in New York auf die Schulter getippt und ein Gast fragte ihn: „Na, heute gibt’s keine Würste?“. Der gute Ruf hat sich also bis nach Amerika durchgesetzt. Und irgendwie würde ohne uns doch auch etwas auf dem Marktplatz fehlen…
Dein „Würzburger Original“?
Wenn ihr noch weitere Ideen habt, wem wir mal einen Besuch abstatten sollten und wer den Titel „Würzburger Original“ redlich verdient hat, der kann seine Vorschläge gerne unter redaktion@wuerzburgerleben.de einreichen.