Wahrscheinlich der erste seiner Art, heiß begehrt und gefeiert von Alt und Jung – doch jetzt ist eine Ära schon wieder zu Ende: Im Bocksbeutelautomaten in der Domstraße, vor dem kupsch-Supermarkt, sucht man dieser Tage vergebens nach fränkischem Wein. Stattdessen sind dort Schokolade, Energy- und alkoholfreie Getränke zu finden. Was ist passiert?
War’s die „Brückenmafia?
Durch unsere Community ging nach Bekanntgabe des „neuen“ Sortiments ein Aufschrei des Entsetzens. Viele vermuteten hinter dem Aus des Weinautomaten gar die „Brückenmafia“, womit die Gastronomen gemeint sind, die auf der Alten Mainbrücke ihren Brückenschoppen anbieten. Andere beriefen sich auf das Jugendschutzgesetz und wieder andere fanden es einfach nur schade, dass es keinen Wein mehr aus dem Automaten gibt.
Verstoß gegen Jugendschutz
Technische Vorrichtungen stellen zwar an diesem sicher, dass keine Kinder und Jugendliche alkoholische Getränke entnehmen können. Aber dadurch, dass der Bocksbeutel-Automat in einem nicht gewerblich genutzten Raum aufgestellt und für Kinder und Jugendliche zugänglich ist, verstößt der Automat gegen das Jugendschutzgesetz. Deshalb hat die Stadt Würzburg laut Pressesprecher Weiß ein formelles Anhörungsverfahren eingeleitet und den Betreiber um Stellungnahme zu dem Sachverhalt gebeten. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, dass beispielsweise der Automat stehen bleiben kann, aber „alkoholfrei“ gemacht werden muss, indem sämtlichen alkoholischen Getränke entfernt werden. Grillgut, wie es ursprünglich geplant und bei der Stadt angezeigt war, kann jedoch auch weiterhin über den Automaten verkauft werden.
Wie ist der Fall bei Zigarettenautomaten?
Viele werden sich nun fragen, wie es sich dann mit Zigarettenautomaten verhält, denn auch diese sind oft im öffentlichen Raum angebracht und für Kinder und Jugendliche zugänglich. Das Gesetz sagt allerdings auch hier, dass in der Öffentlichkeit Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht in Automaten angeboten werden dürfen. Dies gilt nicht, wenn ein Automat an einem Kindern und Jugendlichen unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht entnehmen können.
Wie wir finden, nicht ganz klar nachzuvollziehen, warum dann Zigarettenautomaten auf der Straße aufgestellt werden dürfen, der Weinautomat aber weichen muss. Um der Sache auf den Grund zu gehen bzw. die Meinung eines Fachmannes hierzu zu hören, haben wir bei Ulrich Spieß von Bendel & Partner, Fachanwalt für Strafrecht, angefragt.
Der Wortlaut ist entscheidend
Folgendes Statement haben wir vom Experten erhalten:
Nach dem Wortlaut des § 10 Jugendschutzgesetzes (JuSchG) verhält es sich auch bei Tabakwaren zunächst so, dass diese in der Öffentlichkeit ebenfalls nicht in Automaten angeboten werden dürfen. Allerdings unterscheiden sich die „Ausnahmeregeln“ im Wortlaut. Nach § 9 Abs. 3 JuSchG (Alkoholische Getränke) muss der Automat in einem gewerblich genutzten Raum aufgestellt und durch eine technische Vorrichtung sichergestellt sein, dass Kinder und Jugendliche alkoholische Getränke nicht entnehmen können.
Bei Tabakwaren (§10 Abs. 2 JuschG) reicht es aus, wenn die Automaten an einem Kindern und Jugendlichen unzugänglichen Ort aufgestellt sind oder durch technische Vorrichtungen entsprechend gesichert sind. Hier fehlt es an der Bedingung des gewerblich genutzten Raums.
Bei Vorhandensein einer entsprechenden technischen Vorrichtung können daher Tabakwaren im öffentlichen Raum angeboten werden und alkoholische Getränke eben nicht.