Wir laufen täglich an ihnen vorbei, begegnen ihnen im Alltag oder verbringen rauschende Partynächte in ihnen: Die Würzburger Originale! Doch wer steckt eigentlich hinter den Kneipen, was hat Kilian aus Irland nach Würzburg gebracht oder wo findet man als eingefleischter Schalke 04-Fan einen Zufluchtsort?
Diese und viele weitere Fragen haben wir uns auch gestellt und ein paar echte Originale besucht. In unregelmäßigen Abständen werden wir immer wieder einige der Originale vorstellen. Dieses Mal: Das Till Eulenspiegel!
Kultlocation Till Eulenspiegel
Die Fassade des Till Eulenspiegel sticht mit seiner weinbewachsenen Front von Weitem ins Auge. Mit dem urigen Fresko neben der Eingangstür und den mittelalterlich anmutenden Arkaden könnte man glatt meinen, dass das Gebäude hier in der Sanderstraße schon seit mehreren hundert Jahren steht. Doch was steckt eigentlich hinter diesem Original, in dem jeder echte Würzburger Student einmal ein paar gesellige Stunden verbracht haben sollte? Und wie kam es zu der verwinkelten Einrichtung und den legendären Karaoke-Nächten? Wir haben mit Henning Irl gesprochen, der seit März 2018 Mitglied der Geschäftsführung ist und das Till Eulenspiegel auch schon seit seiner eigenen Jugend kennt. Neben interessanten Anekdoten, konnten wir ihm auch die ein oder andere Info entlocken, die manch einer über das Till Eulenspiegel vielleicht noch nicht wusste.
Würzburg erleben (WE): Euren legendären Bierkeller in der Sanderstraße gibt es schon seit 1981. Wie ist die Kneipe entstanden? Und wie kam es zu der urigen und verwinkelten Einrichtung der Kneipe?
Henning Irl: Das ursprüngliche Mietshaus mit Ladenebene wurde vom Seniorchef Dr. Schwab in den Achtzigern gekauft und von unten nach oben umgebaut. Zuerst wurde im Jahr 1981 der Bierkeller eröffnet, 1983 folgte dann die Weinstube und dann 1993 das Hotel. Mit dem urigen Bierkeller im Untergeschoss hat sich unser Geschäftsführer Dr. Willi Schwab, der aus einem badischen Landgasthof stammt, einen Lebenstraum erfüllt und viel Herzblut in die Einrichtung gesteckt. Ursprünglich waren im Keller nämlich nur Holzverschläge. Die komplette Familie hat dann über Jahrzehnte die Einrichtungsgegenstände gesammelt und das Holz mehrerer Scheunen in detailreicher Kleinstarbeit in den kleinen Hüttchen verbaut.

Das Bild an der Fassade des Till Eulenspiegels kennt wohl jeder – wer sich aber darauf versteckt, dürfte vielen neu sein. Foto: Katharina Bormann
Die Inspiration dazu fand Dr. Schwab in der Schweiz und in Münster in Westfalen. Auch in der Weinstube wurde die komplette Einrichtung in Eigenarbeit oder mit Hilfe fleißiger Handwerker gebaut und soll an ein kleines Weindorf erinnern. Aber nicht nur die Einrichtung ist selbst gemacht, sondern auch die Bögen an der Außenfassade wurden in Anlehnung an den Drubbel in Münster – hier hat Dr. Schwab einige Jahre eine Anwaltspraxis geführt – nachträglich in die ursprünglich geschlossene Fassade eingearbeitet. Die Bilder an den Wänden wurden von seiner Tochter, der Künstlerin Helene Schwab, gemalt, die nun auch mit in der Geschäftsführung ist. Auf dem Bild an der Außenfassade verstecken sich so zum einen ihr Vater – er schaut als Anwalt auf der rechten Seite in der Anwaltsrobe dem Eulenspiegel über die Schulter – als auch ihre Mutter (in Form der Justizia).
WE: Ihr seid beliebt bei Jung und Alt. Das Publikum variiert von Berufstätigen über Studenten bis hin zu Professoren. Was denkt ihr, unterscheidet euch besonders von anderen Kneipen in Würzburg?
Henning Irl: Einzigartig ist im Till Eulenspiegel, wie schon erwähnt, die liebevolle und detailverliebte Einrichtung, die in Eigenarbeit gebaut wurde. Das kann man nicht so einfach irgendwo nachbauen. Diese Atmosphäre findet man sonst nirgendwo anders. Aber auch unser umfassendes Angebot im Bierkeller macht uns in Würzburg einzigartig. Wir bieten nämlich fast 50 verschiedene Biere an – 18 davon vom Fass. Dabei achten wir besonders darauf, dass wir regionale Biermarken in den Vordergrund stellen und auch kleine fränkische Brauereien mit aufnehmen. Klassische Großkonzernbiere findet man bei uns nicht.

An der Theke vom Till Eulenspiegel treffen sich alle Generationen und Berufsgruppen. Foto: Helene Schwab
Auch unser Karaoke-Abend jeden Dienstag, den es jetzt schon seit fast 15 Jahren gibt, ist mittlerweile absoluter Kult. Jeder ist damals zwar auf den Karaoke-Trend mit aufgesprungen, aber wir sind die Einzigen die daran festgehalten haben. Der Plan von Dr. Schwab war es außerdem schon immer, den Bierkeller als Studentenkneipe zu nutzen. Deshalb gibt es für ebendiese auch immer spezielle Angebote und sie sind noch immer die Hauptzielgruppe – auch wenn sich unter die Studenten in den letzten Jahren natürlich immer mehr Touristen mischen.
WE: Wie kam es zu der Idee, das Gebäude „Till Eulenspiegel“ zu nennen?
Henning Irl: Es gab tatsächlich mehrere Namen, die in der engeren Auswahl waren. Letztendlich wollte man allerdings einen Namen finden, der ein bisschen den Bezug zu dem mittelalterlichen Ambiente der Einrichtung herstellt. Auch die Gestalt des Eulenspiegel selbst war ein ausschlaggebender Punkt: Er war nämlich nicht bloß ein Narr, sondern vielmehr eine Art Volksseele, die der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Till Eulenspiegel steht außerdem dafür, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, sich einfach mal in Geselligkeit zusammenzusetzen und bei gutem Bier und Wein auszutauschen. So eben wie in unserem Bierkeller und in der Weinstube.

Die Bierauswahl ist im Till Eulenspiegel groß, wie sonst nirgends in Würzburg. Foto: Helene Schwab
WE: Aus dem Würzburger Nachtleben seid ihr kaum mehr wegzudenken. Was macht euch eurer Meinung nach zu einem echten Würzburger Original?
Henning Irl: Das Till Eulenspiegel ist schon seit Beginn in den 1980er-Jahren in Familienbesitz. Jeder in der Familie hat viel zum Entstehen der Kneipe beigetragen – sei es in Form vom Aufbau der Holzhütten, den Bemalungen oder den besonderen Ideen, wie z.B. der Karaoke-Nacht. Wenn der Dr. Schwab mit seinen 93 Jahren in die Gasträume kommt, leuchten seine Augen noch immer. Jeder war schon mal in seinem Würzburger Studentenleben im Till. So kommen immer wieder Gäste, die schon längst im Berufsleben stehen oder nicht mehr in Würzburg wohnen ins Lokal, und erzählen von ihrer Zeit in Würzburg, die in der Erinnerung immer auch vom Till Eulenspiegel geprägt ist.
Auch ich bin gebürtiger Würzburger und war in früheren Jahren schon oft selbst hier Gast. Nach einigen anderen Gastronomie-Stopps in der Region, aber auch überregional, hat es mich jetzt wieder zurück in die Heimat gezogen. Nicht nur in den Bieren sondern auch auf der Speise- und Weinkarte findet man also den Bezug zu Franken und Würzburg.
Dein „Würzburger Original“?
Wenn ihr noch weitere Ideen habt, wem wir mal einen Besuch abstatten sollten und wer den Titel „Würzburger Original“ redlich verdient hat, der kann seine Vorschläge gerne unter redaktion@wuerzburgerleben.de einreichen.