Johanna Juni ist freie Journalistin, Texterin und Autorin. Als gebürtige Würzburgerin lebte sie zehn Jahre in Berlin und produziert jetzt in Süddeutschland zusammen mit einem Radiosender einen Podcast über Beziehungen.
Podcast über Beziehungen: ist zu diesem Thema nicht schon alles gesagt?
Niemals! Beziehungsmodelle sind permanent im Wandel – jede Generation hat ihre ganz eigenen Probleme damit. Aktuell gibt es einen riesigen Umbruch: Sowohl die Ehe, als auch die Kleinfamilie kriegen massiv Konkurrenz durch andere Modelle wie Co-Parenting oder die serielle Monogamie – und die lebenslange Beziehung stirbt langsam aus. Das macht vielen Menschen Angst. Deshalb müssen wir reden.
Außerdem sind soziale Beziehungen für uns Menschen das Wichtigste im Leben und erfordern viel Arbeit. In unserem Podcast geht’s deshalb nicht nur um romantische Liebesbeziehungen, sondern auch um Familie und Freundschaft.
Wie viel Würzburg steckt in Dir und wie viel im Podcast?
Viel! Würzburg erdet mich immer wieder. Im Gegensatz zu Berlin trifft man hier ständig zufällig und überall Menschen, die man kennt. Und im Gegensatz zur Millionenstadt hat man hier mit Freunden auch gemeinsame Bekannte und Erinnerungsorte. Das klingt so banal, aber es ist für mich super wichtig, weil es ein tiefes soziales Netz bedeutet. Im Podcast hört man wahrscheinlich heraus, dass ich sowohl von der Kleinstadt, als auch von Berlin geprägt bin.
Du lebst lange Zeit in Berlin, worin unterscheiden sich Würzburg und Berlin in punkto Beziehungen, Liebe und Sex?
In Berlin sind alternative Beziehungs- und Familienmodelle stärker ausgeprägt: Offene Beziehungen, Polyamorie, Co-Parenting oder Patchwork. Menschen lieben völlig frei wie sie wollen, wo sie wollen und wen sie wollen. Sie leben in der Kleinfamilie ebenso wie sie Kinder mit besten Freunden in der WG großziehen, gehen zu Porno-Partys in den berühmten Kit Kat Club oder lieben mehrere Menschen gleichzeitig – und finden all das nicht außergewöhnlich, sondern völlig normal. Würzburg ist da viel traditioneller – vor allem, was die klassische Familie und die Emanzipation der Frau betrifft.
Welche Dinge in Berlin werden denn in Würzburg Einzug halten?
Ich glaube und hoffe, dass sich neben der klassischen Kleinfamilie bald auch verstärkt andere Modelle durchsetzen und wirklich akzeptiert werden – das finde ich wichtig, weil die Kleinfamilie eben nicht jedermanns Sache ist. Oder dass es nichts Verwunderliches sein muss, wenn man als Frau mit 30 Single ist und in den nächsten Jahren noch keine Kinder plant – so wie ich.
Es ist Hochzeit für Hochzeiten: Welchen Hinweis würdest Du allen heiratenden Paaren geben?
Ich bin dafür, Liebe und Staat zu trennen – und zum Beispiel das Ehegattensplitting abzuschaffen. Darüber diskutieren wir in unserer ersten Folge. Aber ich bin auch eine gnadenlose Romantikerin und finde es wundervoll, wenn zwei Menschen sich zueinander bekennen. Klar: Jede dritte Ehe wird heutzutage geschieden, aber ich finde, man sollte trotzdem immer an die Liebe glauben, wenn man sie gefunden hat. Letztlich ist es egal, wie lange sie hält: der Moment zählt. Deshalb würde ich einfach nur sagen: Schaut nicht so viel auf die perfekte Organisation, sondern genießt den Tag und euer Glück in vollen Zügen.
Für welche Einstellung zu zwischenmenschlichen Beziehungen könnte man Dich am meisten kritisieren?
Gute Frage! Das kann ich nicht beurteilen. Aber ich bin immer dankbar für Kritik – gern von unseren Hörern & Hörerinnen auf unserer Facebook-Seite.
Und für welche Einstellung zur romantischen Liebe könnte man Dich kritisieren?
Wenn ich jemanden liebe, dann tue ich das ganz und gar. Und kämpfe wie eine Löwin. Aber manchmal ist es klüger, auch einfach mal loszulassen…
Warum sollten Würzburger & -innen auf jeden Fall Deinen Podcast hören?
Bei uns gibt’s Infos aus aktuellen Studien, Interviews mit Betroffenen und Gespräche mit Experten, zum Beispiel mit Psychologen. Wir geben Antworten darauf, warum sich Beziehungen aktuell so gravierend ändern. Und Hörer & Hörerinnen können mitreden. Denn: Je mehr Menschen über ein Thema kontrovers diskutieren – desto besser für das Zusammenleben in der Gesellschaft. Ich würde mir wünschen, dass sich irgendwann niemand mehr verurteilt oder benachteiligt fühlen muss – egal ob alleinerziehender Vater, berufstätige Mutter, polyamore Studentin oder glücklicher Single.
Reinhören & Diskutieren
Wer reinhören und mitdiskutieren möchte, sind hier die hilfreichen Links:
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