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Geld – Symbolfoto: Pascal Höfig
Geld – Symbolfoto: Pascal Höfig

So tappen Würzburger nicht in die Schuldenfalle

Keine neuen Schulden der Stadt Würzburg

Es ist gerade vier Monate her, da verabschiedete der Stadtrat den Haushalt für das Jahr 2017. Groß war das Lob, denn dazu gehörte auch, dass keine neuen Schulden aufgenommen werden. Was der Haushalt aber verschweigt, allein was öffentliche Schulden anbelangt, lastet auf den Schultern jedes Würzburgers eine Last von etwa 450 Euro. Kling zunächst nach nicht viel. Bedenken sollte man allerdings, dass die Privatverschuldung der Deutschen gut 53 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. In Würzburg sprechen wir hier von fast 2000 Euro pro Kopf – und Personen, die keine Schulden haben, werden von anderen übertroffen, die viele haben. Kein Zweifel, Überschuldung ist auch hier ein Problem. Aber man kann sie im Keim ersticken. Der folgende Artikel zeigt wie.

1. Schulden ungleich Schuldenfalle

Dabei muss man zunächst aber unterscheiden. Denn nicht jeder Schuldner befindet sich durch unverantwortliches Verhalten in dieser Lage. Wer einen Kredit aufgenommen hat, um sich damit sein Traumhaus zu bauen, ist ebenso ausgenommen wie die Würzburger, die ihren Neuwagen auf Raten abzahlen – wie die überwältigende Mehrheit aller deutschen Autokäufer. Schulden, die aus guten Gründen gemacht werden, sind daher anders zu betrachten als solche, die aus Vernachlässigung und Selbstdarstellungssucht resultieren – und genau diese sind es, die für einen Großteil an Überschuldungen verantwortlich sind.

2. Schulden außer Kontrolle

Nun mag man sich fragen, wo Verschuldung endet und Überschuldung beginnt. Die Grenze ist reichlich verschwommen und wird – das ist das Tückische – oft unbemerkt überschritten. Als Leitlinie kann einem nur folgende Liste dienen. Solange man:

  • seine Abtragungen regelmäßig bezahlen kann
  • genauestens im Blick über Forderungen ist
  • sein Leben nicht massiv einschränken muss

ist man zwar verschuldet, aber nicht überschuldet. Wenn einem hingegen die Mahnungen nur so um die Ohren fliegen, man Forderungen gar nicht mehr oder nur noch begrenzt überblickt und vor lauter Schulden nicht mehr weiß, wovon man das Essen bezahlen soll, dann ist man überschuldet.

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4. Unverschuldete Schulden

Natürlich ist nicht jede Überschuldung selbstverschuldet. Wer sich gerade ein Haus gekauft hat und dann den Job verliert, steckt in der Schuldenfalle, ohne dass er es vorausahnen konnte. Gleiches gilt für Krankheiten oder Todesfälle. Sie alle können dafür sorgen, dass aus einer normalen Verschuldung ohne eigenes Fehlverhalten eine Überschuldung wird. Das Problem daran ist die Unvermeidbarkeit, denn niemand kann in die Zukunft blicken. Trotz guter Arbeitslosenzahlen im Januar kann ein Job heute immer noch dramatisch schnell weg sein.

5. Die falschen Gründe für Schulden

Doch weg von unverschuldeter Überschuldung hin zu der wirklichen Kernproblematik. Denn eine Überschuldung ist, sofern sie nicht durch unkontrollierbare Ereignisse eingetreten ist, meist eine Abfolge von Ursachen:

  • Das Befriedigen des Kaufrauschs. Suggeriert durch das Umfeld, Firmen und Werbung leben viele über ihre Verhältnisse. Rabatte, Minikredite usw. sind das Lockmittel und Menschen, die zu einem übersteigerten Konsumverhalten neigen, hängen blitzschnell am Haken.
  • Zur Überschuldung aber gehört auch, dass man seine Finanzsituation willentlich ignoriert. Kontoauszüge werden nicht ausgedruckt und an der Kasse geht keine rote Lampe an, wenn man sein Girokonto über die Dispo-Schwelle hievt.
  • Abgerundet wird die Ursachenliste durch Planlosigkeit. Das Geld ist vorhanden, also wird nach Lust und Laune ausgegeben, statt mit Maß. Weder werden feste Beträge eingeteilt, noch Prioritäten gesetzt. Es zählt nur, dass Geld auf dem Konto ist und man kaufen kann.

Viele, die in diesem Teufelskreis stecken, verfahren getreu nach Humboldt „Wohlstand ist, wenn man mit Geld, das man nicht hat, Dinge kauft, die man nicht braucht, um damit Leute zu beeindrucken, die man nicht mag“. Das eigene Ego als Schuldentreiber, eine teuflische Mixtur.

6. Überschuldung mit aller Gewalt

Eigentlich gibt es in Deutschland Institutionen, die einen vor einem so selbstschädigenden Verhalten schützen sollen. Beispielsweise die Schufa, die dafür zuständig ist, Unternehmen durch ein ausgeklügeltes Scoring-Verfahren die Berechnung des Kreditrisikos ihres Kunden zu erleichtern – wer zu viele unbezahlte Rechnungen hat, bekommt einen negativen Schufa-Eintrag und keine weiteren Kredite. So zumindest die Theorie.

Und bei vielen Überschuldeten funktioniert diese Bremse auch und wirkt als Weckruf – wenn einem im Elektronikmarkt ein Kleinkredit verweigert wird, landen viele heilsam in der Realität. Allerdings gibt es auch genügend Kreditgeber, die Kredite trotz negativem Eintrag anbieten. Google ist voll von solchen Suchvorschlägen. Bloß wer hier zugreift, der kippt Benzin in den Überschuldungs-Ofen. Denn solche Kredite gibt es ob ihres Risikos nur zu wesentlich erhöhten Zinsen. Und wer schon beim Abtragen der normalen Fälligkeiten Probleme hat, wird durch solche Kredithai-Methoden nicht schuldenfreier.

7. Die Schuldenfalle effektiv vermeiden

Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, dem dürfte in Grundzügen klar sein, wie er die Schuldenfalle vermeiden kann. Doch dieser Kampf muss an mehreren Fronten gleichzeitig geführt werden und verlangt viel Disziplin.

  1. Der nach wie vor beste Weg, um Schulden zu vermeiden, ist der, seine Finanzen glasklar im Überblick zu behalten. Dazu gehört es, regelmäßig (alle zwei Wochen mindestens) Kontoauszüge zu holen und auch, ein Haushaltsbuch korrekt zu führen, in das man sämtliche Einnahmen und Ausgaben minutiös einträgt.
  2. Mit Geld, das man hat, sollten zu allererst Verbindlichkeiten gezahlt werden. Von der Miete über laufende Abschlagszahlungen bis hin zu festen Summen für Nahrung und Kleidung. Nur was danach übrig ist, sollte überhaupt in das „Shopping-Budget“ aufgenommen werden.
  3. Zur Schuldenvermeidung gehört es auch, sein Geld zusammenzuhalten. Wichtig wird das vor allem heute, wo es selbst unter Angehörigen der unteren Mittelschicht Usus ist, Geld anzulegen. Börsengeschäfte sind, auch wenn die Generation Internet und Onlinebroker es anders weismachen will, immer mit Risiken verbunden, die nur Profis einschätzen können. Wer das beherzigt, wird vielleicht nicht über Nacht reich, mit Sicherheit aber auch nicht arm.
  4. Der letzte Punkt betrifft Vernunft bei Anschaffungen. Hier sollte man nicht nach Überflüssigem streben, sondern normalen Basisausstattungen. Eben so viel, wie man sich leisten kann. Schon wenn Tricks nötig werden á la „wenn ich mir das verkneife, kann ich mir das leisten“ ist höchste Vorsicht geboten, denn sowas geht schnell nach hinten los.

Mit diesen Punkten hat man eine „globale“ Handlungsgrundlage, die großmaßstäblich verhindert, dass man mehr Geld ausgibt, als man zur Verfügung hat. Doch das ist nur die halbe Miete. Denn um wirklich langfristig Schulden zu vermeiden, gehört es auch, sich Tag für Tag clever zu verhalten.

8. Schuldenvermeidung Tag für Tag

Und dabei fängt es bereits damit an, dass heute viel zu viele Menschen auf elektronischem Weg bezahlen. Das Problem daran ist, dass Bank- und Kreditkarten nicht selten erst Tage oder Wochen nach dem Einkauf abgebucht werden – wer etwa einen EC-Kartenkauf nur mit der Unterschrift bestätigt, kann sicher sein, dass sein Konto erst nach Tagen belastet wird. Das kann zu unkontrollierbaren Situationen führen. Der beste Weg ist es, Einkäufe nur mit Bargeld zu bestreiten und die Karten ganz zuhause zu lassen. So kommt man gar nicht erst in die Versuchung.

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Der nächste Schritt betrifft die eigene Vernunft. Vor jedem einzelnen Kauf sollte die Frage stehen „brauche ich das wirklich, wenn ja, wofür?“. Natürlich benötigt die Antwort darauf Selbsteinschätzungsvermögen. Wer hier dazu neigt, sich selbst etwas vorzumachen, sollte vielleicht eine Vertrauensperson konsultieren. Aber so aufwändig diese Methode auch ist, sie ist nur die Anwendung des uralten Prinzips, jeden Pfennig zweimal umzudrehen. Und bei jeder Ausgabe, die nicht regelmäßig anfällt, sollte man sich nach dieser erwähnten Frage eine weitere stellen. Nämlich die, ob dieser Kauf jetzt getätigt werden muss oder auch noch etwas warten kann. Nicht in jedem Monat fallen gleich viele Ausgaben an. Vor allem bei teureren Anschaffungen kann es deshalb ratsam sein, diese einfach in einen solchen günstigeren Monat zu verlagern, wo das Risiko geringer ist, den Kontostand unter die Null rutschen zu lassen.

Apropos null. Der Dispokredit sollte absolut tabu sein; aus zweierlei Gründen. Denn zunächst verhält es sich so, dass viele Banken beim Dispo gewaltige Verzinsen verlangen. Manche verschleiern diesen Satz sogar ganz vor dem Kunden. Und außerdem suggeriert der Dispo einem, dass man mehr Geld zur Verfügung hat, als es in der Realität der Fall ist. Wer diesen Kredit öfter nutzt, lässt ihn irgendwann fast automatisch in sein Kaufverhalten mit einfließen und öffnet so einer laschen monetären Selbstdisziplin Tür und Tor. Keiner kann in die Zukunft blicken, wohl aber vorsorgen. Selbst vom kleinsten Gehalt sollten monatlich einige Euro auf die hohe Kante gelegt werden. Schon wenn das nur 50 Euro sind, summiert sich das nach einem Jahr auf 600 Euro – und das ist allemal genug, um unverhoffte Ausgaben wie einen kaputten Fernseher oder eine nicht mehr reparierbare Waschmaschine zu ersetzen, ohne auf die gefährlichen Kleinkredite zurückzugreifen.

Risiko Mini-Kredite

Womit wir auch beim letzten Punkt wären. Kleinkredite, meist als „Null-Prozent-Finanzierung“ beworben, sind heute überall. Fernseher, Möbel und praktisch alles, was unter den Oberbegriff Konsumgüter fällt, lässt sich heutzutage mit solchen Mini-Krediten finanzieren. Und genau da lauert auch das Risiko. Denn ein Kleinkredit lässt sich überblicken. Viele Kleinkredite sind jedoch ein unüberschaubarer Haufen, der allzu oft in die Schuldenfalle führt. Die Maßregel sollte also lauten, zu jeder Zeit maximal eines solcher Finanzierungsmodelle bedienen zu müssen und nur im äußersten Notfall einen zweiten aufzunehmen – auch, weil der Trend immer mehr zu kurzlebigen Gebrauchsgütern geht. Wer Pech hat, bedient noch monate- oder jahrelang Kredite für etwas, das längst auf dem Müll gelandet ist.

Fazit

In Würzburg funktionieren die Gefahren der Überschuldung nicht anders als in Restdeutschland. Helfen kann nur eins, nämlich Disziplin bei den Ausgaben. Doch weil die nicht jeder hat, sollte man sich diverse künstliche Hürden bauen, um gar nicht erst in der Falle zu landen. Und wenn einem alles über den Kopf wächst, sollte so schnell wie möglich eine Schuldenberatung aufgesucht werden – und nicht versucht werden, durch weitere Kredite alles ins Lot zu bringen.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit unserem externen Redakteur Julian Frösch.

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