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Würzburg - Foto: Pascal Höfig
Symbolbild Würzburg

Was ist so cool an den Riesenohrlöchern?

Moderne Form der Bodymodification

Die Frauen das Apatani-Stammes in Indien tragen Holzplatten in ihren extra dafür geweiteten Nasenflügeln. Die Mursi-Frauen in Äthiopien sind für ihre riesigen so genannten Tellerlippen und extrem geweiteten Piercings in den Ohrläppchen bekannt.

Was in einigen afrikanischen und auch südamerikanischen Stämmen ein fester Bestandteil der jeweiligen Kultur ist und oft als Statussymbol gilt, ist in der westlichen Welt schon seit einiger Zeit ein modischer Trend: das Dehnen der Haut. Hierzulande genauer gesagt besonders der des Ohrläppchens, wobei einige ganz Harte sich wohl auch im Genitalbereich durchlöchern.

XXL-Fleischpiercings 

„Flesh-Tunnel“ (Fleischtunnel) lautet das Stichwort für die moderne Dehnungsmethode, die eine schon Jahrhunderte alte Technik auch in Deutschland populär gemacht hat. Während bei den indigenen Völkern 15 Zentimeter Ohrloch-Durchmesser keine Seltenheit sind, sind derart geweitete Ohrlöcher in Deutschland noch die Ausnahme.

Bei über acht Millimetern wird’s schwierig 

Kein Wunder: Bei normalem Dehnungsprozess, bei dem man mit etwa einem Millimeter pro Woche rechnet, muss man für 15 Zentimeter nämlich ganze drei Jahre dehnen. Eine ganz schön lange Wartezeit auf das Endergebnis!

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Doch auch abgesehen davon sollte man sich wirklich gut überlegen, wie sehr man in Sachen Durchmesser „über das Ziel hinausschießt“. Ab über acht Millimetern ist die Ohrloch-Dehnung nämlich kaum mehr reversibel. Natürlich spielt dabei die Beschaffenheit des jeweiligen Bindegewebes eine Rolle. Doch selbst wenn sich die einstigen XXL-Löcher stückweit wieder selbst zusammenziehen, verschwinden werden sie nie ganz.

So entsteht der Tunnel im Ohr

Die Ausgangsbasis für das XXL-Ohrloch ist zunächst ein ganz normales Loch, das zumindest viele Mädels schon für ihre Ohrstecker und -ringe haben. Durch spezielle Dehnwerkzeuge (Stäbchen oder Dehnschnecken) wird der vorhandene Durchstich im Ohrläppchen peu à peu aufgedehnt, bis der Wunschdurchmesser erreicht ist.

Beim Weiten der Haut muss sehr behutsam vorgegangen und das Gewebe kontinuierlich gelockert werden, um ein Einreißen zu verhindern. Erst nach ein paar Millimetern können dann die so genannten Fleshtunnels oder auch Plugs eingesetzt werden.

Darin liegt der Unterschied 

Der Unterschied zwischen den beiden Accessoires liegt darin, dass Plugs – anders als Tunnels – in der Mitte nicht hohl sind, man also nicht durch sie hindurchschauen kann. Sie füllen das geweitete Ohrloch vollkommen aus. 

Erhältlich sind die Ohr-Accessoires in diversen Materialien: Stein, Holz, Horn, Silikon, Bernstein oder auch Glas. Manchmal in Herzform, mit Sternchen- oder Eulen-Motiven oder Strasssteinchen besetzt.

„Als würden mir die Leute einen Stempel aufdrücken“

Wir haben einen Tunnel-„Träger“ befragt: Chris trägt schon seit etwa zwei Jahren einen Tunnel im Ohr. „Mir hat es einfach gefallen, genauso wie ein Piercing oder Tätowierung, es ist einfach Köperschmuck. Die ersten paar Millimeter gingen recht schnell, der Durchmesser von 3 cm hat aber schon ’ne Weile gedauert, aber ich fand nicht, dass es mega wehgetan hätte.“

Heute ist er aber nicht mehr ganz so zufrieden mit seiner „Bodymodification“ aus dem Teenager-Alter. „Ja, damals waren wir geradezu fasziniert davon, aber heute wünsche ich mir manchmal, ich hätte es nicht getan. Egal ob beim Arbeitgeber oder in der Freizeit, ab und zu komm ich vor, als würden mir die Leute einen Stempel aufdrücken. Vielleicht lasse ich es mir irgendwann zunähen, also das Ohrläppchen rekonstruieren.“

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