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Würzburg - Foto: Pascal Höfig
Symbolbild Würzburg

Würzburger Tropenmediziner zur Ebola-Epidemie

WHO ruft Gesundheitsnotfall aus

Die WHO erklärte die Ebola-Epidemie letzten Freitag zu einem internationalen Gesundheitsnotfall. Durch diesen Entschluss kann die Organisation nun Vorschriften zur Eindämmung der Seuche erlassen. In den letzten Monaten hat sich das Virus von Guinea nach Sierra Leone, Liberia und Nigeria ausgebreitet. Die WHO gibt die Zahl der Toten mit 932 an, über 1.700 Menschen seien infiziert. Die Staatschefs der betroffenen Länder werden nun dazu aufgerufen, den internationalen Notstand auszurufen. Laut dem britischen Guardian hat Guinea am letzten Sonntag die Grenzen nach Sierra Leone und Liberia geschlossen, um eine weitere Ausbreitung einzudämmen.

Würzburger Tropenmediziner gibt Stellungnahme

Professor Dr. Stich, der Chefarzt der Tropenmedizin an der Missionsärztlichen Klinik Würzburg, hat sich zu dem gefährlichen Virus geäußert und mit welchen Gefahren in Europa und in Deutschland zu rechnen sind.

Professor Stich, wie schätzen Sie die Lage in den Ebola-Gebieten in Westafrika ein?

Stich: Die Situation in Liberia, Guinea und Sierra Leone ist wirklich dramatisch. Wir hatten noch nie eine so starke Ebola-Epidemie mit so vielen Fällen und so vielen Toten wie jetzt.

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Was ist denn dringend geboten?

Stich: Diese Länder müssen im Kampf gegen Ebola unterstützt werden. Zunächst heißt das, Mittel zur Verfügung zu stellen, aber auch Behandlungsteams. Aber auch ganz massive Reisebeschränkungen sind zu verhängen, um zu verhindern, dass aus diesen Ländern Fälle in andere Regionen kommen. Und man muss die Anrainerstaaten auf das Auftreten von Ebola-Fällen vorbereiten. Dafür sind Schulungsprogramme nötig.

Reisebeschränkungen heißt: Es darf niemand mehr ausreisen?

Stich: Das geht natürlich nicht. Man sollte aber zumindest bei den Leuten, die ausreisen, darauf achten, dass darunter keine Patienten mit Ebola-Symptomen sind.

Die Inkubationszeit ist aber doch relativ hoch.

Stich: Normalerweise liegt sie bei etwa 6 oder 7 bis zu 15 Tagen. Aber sie kann auch 2 Tage oder gar 21 Tage betragen. Innerhalb der Inkubationszeit sind die Patienten nicht ansteckend, sondern erst, wenn die Symptome auftreten, etwa Fieber. Die Reisebeschränkungen würden das Einsickern von Fällen in die Umgebung verhindern. Dabei denke ich weniger an den internationalen Flugverkehr als an die Nachbarländer, mit denen viel grenzüberschreitender Handel und somit Reiseverkehr stattfindet. Man muss die Mobilität der Menschen begrenzen, um die Verbreitung zu stoppen.

Sie sagen, man muss Behandlungsteams nach Westafrika schicken. Aber selbst Ärzte haben sich dort infiziert. Ist das nicht zu gefährlich?

Stich: Mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen kann man sich vor dem hochansteckenden Ebola-Virus schon schützen und eine Ansteckung weitgehend verhindern. Es bleibt immer noch ein gewisses Risiko, das man aber in Kauf nehmen muss. Es sollte aber nicht jeder, der Lust hat, dort hinreisen. Sondern das ist eine Aufgabe für hoch professionelle Teams, für die Profis. Davon gibt es aber leider zu wenig. Ich weiß, dass „Ärzte ohne Grenzen“ und auch die Weltgesundheitsorganisation WHO händeringend nach Mitarbeitern suchen.

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Wie gefährdet ist Europa?

Stich: Es ist angesichts der hohen Zahl der Patienten in Afrika eine Frage der Zeit, bis der erste Fall in Europa auftritt. Damit meine ich nicht nur die reguläre Verlegung von Patienten aus Afrika, sondern auch Fälle, die hier überraschend diagnostiziert werden. Es besteht aber nicht die Gefahr einer Epidemie.

Wie ist Deutschland darauf vorbereitet?

Stich: Besser als viele andere Länder in Europa. Wir haben ein nationales Netzwerk, den ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren am Robert-Koch-Institut (RKI). Und es gibt eine Reihe von Orten in Deutschland, wo solche Patienten behandelt werden können. Würzburg zählt inzwischen nicht mehr dazu, weil wir nicht mehr den ausreichenden Personalstamm haben, um solche Patienten zu pflegen. Bisher haben wir die Station vollständig aus Eigenmitteln der Missionsärztlichen Klinik finanziert – das geht inzwischen nicht mehr. Aber wir bilden weiter aus.

Bei dem amerikanischen Arzt, der sich mit Ebola infiziert hat, ist jetzt wohl ein neues Medikament eingesetzt worden, das hilft. Gibt es also Hoffnung?

Stich: Das sind experimentelle Therapien, die noch nicht ausreichend erforscht sind. In der Verzweiflung versucht man eben auch solche Dinge. Dieses Medikament nun schon als Lösung zu sehen, wäre völlig unwissenschaftlich. Dafür gibt es noch nicht ausreichend Daten. Diese müssen nun erhoben werden, und das geschieht nun auch.

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