In dieser Ausgabe zur baulichen Situation an der Universität Würzburg sprachen wir mit einem unabhängigen Bausachverständigen und Energieberater. Außerdem lassen wir Dozenten und Studierende zu Wort kommen, die von der unzureichenden Gebäudedämmung betroffen sind.
!!!Wichtig: am 18. April findet hierzu eine Podiumsdiskussion statt: hier teilnehmen: Link!!!
Ein trüber Donnerstag Morgen um 8.30 Uhr. Bis auf eine Gruppe von drei Studenten sieht man nur vereinzelt Menschen geschäftig über den Campus laufen. Die drei warten vor dem Mineralogiegebäude auf einen Bausachverständigen, der sich mit ihnen verabredet hat, um die bauliche Situation ausgewählter Universitätsgebäude zu besprechen. In den nächsten zwei Stunden werden sie sich nicht nur die Mineralogie anschauen sondern auch die Philosophische Fakultät I. Die beiden Gebäude zählen zu den ältesten auf dem Hubland-Campus.
Bei der Mineralogie ist schon der Eingang der Anfang des Problems. Ab dem 1. Juli 2013 soll die DIN 18040-1 dafür sorgen, dass die Gebäude im Freistaat behindertenfreundlicher werden. Zwar wurde bereits 2008 ein behindertengerechter Zugang, der ganz leicht durch eine Rampe realisiert werden könnte, beantragt und bewilligt – aber getan hat sich seitdem nichts. Dabei widerspricht das Gebäude auch dem geltenden Recht, das vorsieht, dass „Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind […] von Menschen mit Behinderung […] barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe in der allgemein üblichen Weise zweckentsprechend genutzt werden können. […] Diese Anforderungen gelten insbesondere für Einrichtungen […] des Bildungswesens“ (Art. 48 Bayerische Bauordnung).
Bei dem gezeigten Eingang handelt es sich auch um den einzigen baulichen Fluchtweg. Im Brandfall müssten alle Mitarbeiter und Studierende über Feuerwehrleitern gerettet werden. Das ist für Sonderbauten, und als solche gelten Hochschulgebäude, erlaubt, wenn „keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen“ (Art. 31 Bayerische Bauordnung). Hinter jedem dieser Fenster befindet sich ein Büro, das in den meisten Fällen von mehreren Mitarbeitern genutzt wird, oder ein Hörsaal. Fragen Sie sich selbst, haben Sie „Bedenken“ wegen der Personenrettung? Der Bausachverständige, der nicht namentlich genannt werden möchte, hatte starke Bedenken.
Darüber hinaus vielen dem Sachverständigen vor allem die schwarzen Flecken unterhalb der Fenster auf. Diese entstehen, weil die Außenwände überhaupt nicht gedämmt sind, weshalb sich an der Fassade Kondensat bildet, an dem sich Schmutzpartikel festsetzen. Gesundheitlich bedenklich ist das nicht, aber es zeugt von der Energieeffizienz des Gebäudes. Prof. Dr. Baumhauer, Inhaber des Lehrstuhls für Physische Geographie, bestätigte uns, „es zieht wie Hechtsuppe“.
Im Winter ist es eisig, weil das Mineralogiegebäude über keinerlei Wärmedämmung verfügt und an der gesamten Fakultät zahlreiche Fenster nicht mehr richtig schließen. Im Sommer überschreiten die Temperaturen in den Büros die festgelegten Höchstwerte. Darauf angesprochen, warum die Mitarbeiter ihre Arbeit unter solchen Umständen nicht ruhen lassen, wie sie es dürften, meinte Baumhauer, man sei ja Wissenschaftler aus Leidenschaft und Überzeugung. Und so geht der Unibetrieb unaufhörlich weiter, auch unter Umständen, die baulich nicht vertretbar sind.
Schon der Weg zur Philosophischen Fakultät I, zu der die Geographie gehört, entspricht nicht den Vorgaben der Bayerischen Bauordnung. Diese sieht vor, dass Anlagen so instand zu halten sind, dass die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet ist. Für Wege wird im Allgemeinen die VDI 6200 angewendet, die besagt, dass der Höhenunterschied zwischen zwei Bodenplatten nicht mehr als einen Zentimeter betragen darf. Doch im Laufe von Jahrzehnten haben sich Absätze gebildet, die deutlich größer sind und somit die Verkehrssicherheit gefährden. Gemäß der Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit (RÜV) müssten Gebäude, die von mehr als 5.000 Personen genutzt werden, alle ein bis zwei Jahre überprüft werden. Dies trifft auf die Philosophische Fakultät I zu. Da solche Stolperfugen laut Bausachverständigen nicht plötzlich auftreten, sollte das Problem eigentlich bekannt sein. Geändert hat sich nichts.
Und ändert sich auch künftig nichts, prognostiziert der Bausachverständige eine düstere Zukunft. Die Decke im Windfang des Philosophiegebäudes ist sichtlich undicht. Die entstandenen Feuchteflecken weisen bereits Ansätze von Schimmel auf. Die Feuchte und der Schimmel werden dazu führen, dass sich die Deckenverkleidung immer weiter durchbiegt. Wenn man nichts tut, wird sie eines Tages aufbrechen und herunterfallen.
Die bisherigen Teile unserer Reihe „Baumängel“:
Teil 1 – Die Mensa „Am Hubland“: Link.
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