485.000 € Defizit – Intendant und Geschäftsführer des Mainfranken Theaters Würzburg rechtfertigen sich
Thema: Defizit der vergangenen Spielzeit
Klaus Heuberger, Geschäftsführer:
„Das Defizit der Spielzeit 2011/2012 in Höhe von ca. 485.000,- Euro ist, nicht nur, aber zu einem größeren Teil auf Verluste bei den Einnahmen in jener Saison zurückzuführen, aber auch auf von uns nicht beeinflussbare Faktoren, wie zum Beispiel die Tarifsteigerungen. In jedem Fall hat sich unsere künstlerische Leitung sehr kritisch hinterfragt und aus dieser Entwicklung Konsequenzen gezogen, die ich sehr begrüße. Der Spielplan für die laufende und die kommende Spielzeit ist wieder näher an unseren Kunden und macht Hoffnung, dass sich der Publikumszuspruch wieder stabilisiert. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits.”
Hermann Schneider, Intendant:
„Uns ist bewußt, dass wir in der letzten Saison eine sehr ambitionierte Spielzeitplanung hatten mit anspruchsvollen, gesellschaftlich Produktionen wie Giacomo Meyerbeers Oper L’Africaine (Die Afrikanerin) oder das Schauspiel Die Schutzflehenden von Hans-Werner Kroesinger – ein ästhetisch wie politisch hoch relevantes Projekt, das zu einer breiten Diskussion der Asylproblematik in Deutschland und insbesondere der Situation der GU in Würzburg führte. Beide Inszenierungen hatten überregional zwar große Strahlkraft, waren aber unterm Strich „Subventionsprojekte” und haben leider nicht die Akzeptanz des Würzburger Theaterpublikums gefunden.
Gleichzeitig haben wir in der letzten Saison, speziell für die Sparte Schauspiel, vom Fachmagazin „Theater heute” eine Nominierung für den besten Spielplan erhalten. Und die Inszenierung Tristan und Isolde wurde im Magazin „Opernwelt” als eine der herausragenden Opernaufführungen des Jahres genannt. Diese Auszeichnungen verstehen wir auch als Bestätigung für unsere Arbeit und Wertschätzung für die hohe künstlerische Qualität, die das Mainfranken Theater auf der Bühne zeigt.
Dennoch hatten wir Einnahmenverluste und rückgängige Zuschauerzahlen zu verzeichnen. Bei genauerer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass sich die Einnahmensituation auch bei Produktionen wie Die lustige Witwe oder Kein schöner Land! Ein Heimatabend nur geringfügig schwächer als der Durchschnitt darstellt.
Als wir die letzte Spielzeit geplant haben, war uns von vornherein bewusst, dass diese speziellen Formate für die Bühne der Kammerspiele zu groß und für das Große Haus zu klein sein würden. Das war natürlich ein kalkuliertes Risiko. Aber hätte man aus diesen wirtschaftlichen Überlegungen heraus diese großartigen Projekte nicht durchführen sollen?
Um jedoch Ausnahmeprojekte wie diese finanzieren zu können, brauchen wir auch den sogenannten ‚Kassenschlager‛ auf dem Spielplan.
Thema: Mittelfristige Etatentwicklung
Klaus Heuberger:
„Die aktuelle Diskussion über die mittelfristige Etatentwicklung des Theaters bzw. den stetig steigenden Zuschussbedarf durch die Stadt Würzburg hat mit dem Verlust des vergangen Jahres zunächst nichts zu tun. Vielmehr halten wir es für unsere vornehmste Pflicht, Nachschlagszahlungen, wie für die vergangene Saison, die durch eigene Einnahmeverluste verursacht wurden, abzustellen. So haben wir für die nächsten Jahre auch wieder mit einer nachhaltig verbesserten Einnahmesituation geplant. Die Grundvoraussetzung für jede Bezuschussung ist die Erfüllung genau dieser „Hausaufgabe”.Als Ursache für die steigenden Kosten sind ausschließlich die Tarifsteigerungen zu nennen. Wir haben einen Gesamtetat von ca. 16. Mio Euro, davon sind ca. 13 Mio Euro Personalkosten, so dass eine Tarifsteigerung wie zuletzt von 3,4 Prozent eine Kostensteigerung von über 400.000,- Euro mit sich bringt, die im Theaterbetrieb nicht ohne strukturelle Änderungen einzusparen ist. Das ist allerdings ein Phänomen, dass alle Betriebe und Dienststellen der Stadt Würzburg betrifft. Doch während es dort eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Tariferhöhungen akzeptiert werden, wird über das Theater eine kontroverse Debatte geführt.
Wer das Mainfranken Theater als Dreispartenhaus will, muß wissen, dass es diese Kostensteigerung automatisch geben wird. Allerdings hat die Stadt Würzburg ihren Zuschuss in den letzten Jahren stetig gesteigert und für einen entsprechenden Ausgleich gesorgt, während der Zuschuss des Freistaates Bayern gleich geblieben ist.”
Thema: Ausweichspielstätte
Klaus Heuberger:
„Der Stadtrat hat uns mit entsprechenden Beschlüssen den eindeutigen Auftrag gegeben, mittels der Entwurfsplanung durch die planenden Architekten nochmals umfassende Zahlen, Daten und Fakten für die Frankenhalle zu sammeln, um dann – ich vermute im Frühjahr – eine fundierte Grundsatzentscheidung fällen zu können. Wir würden uns mit einer solchen zweiten Spielstätte absolut neue Einnahmepotenziale erschließen können. Die aktuelle, zugegebenermaßen nicht zufriedenstellende Auslastung als Argument gegen die Bespielung der Frankenhalle heranzuziehen, halte ich für falsch. Allerdings muß der Stadtrat entscheiden, wo er sein Limit bei den zusätzlichen Betriebskosten einer zweiten Spielstätte sieht. Auch wenn wir glauben, zusätzliche Betriebskosten durch Synergieeffekte relativ überschaubar halten zu können. Letztlich wird dazu – meiner Meinung nach – nur einexternes Gutachten Aufschluss geben und den Stadträten eine objektive Entscheidungsgrundlage bieten können. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass eine zweite, mittelgroße Spielstätte, am Standort Theaterstraße ebenfalls mit zusätzlichen Betriebskosten verbunden wäre.”